Vielen von Ihnen, liebe Leserschaft, wird dieser Markenname ein Begriff sein. Im Linienbetrieb der BVG spielten NEOPLAN-Busse zwar nicht die erste Geige, waren aber z. B. 1988 im damals noch geteilten Berlin die allerersten Niederflurwagen im Fuhrpark der BVG.
Insgesamt orderten die Berliner Verkehrsbetriebe 80 Linienbusse der Marke NEOPLAN vom Hersteller Gottlob Auwärter. Auch die Subunternehmer setzten ab 1992 teilweise sehr konsequent auf Fahrzeuge aus diesem Haus, vorrangig die Firma HARU mit 14 Gelenkbussen, BVB mit 5 solcher Wagen. Warum erinnern wir nun an NEOPLAN bei der BVG? Weil auch wir jetzt NEOPLAN fahren und der erste Bus dieses Herstellers sich in unserem Fuhrpark befindet. Vielleicht folgt in Kürze noch ein zweiter. Aber nun der Reihe nach!
Nach dem Verkauf der Marke NEOPLAN mit allen Werken in Deutschland an die MAN Nutzfahrzeuge AG im Jahr 2001 entschied sich das Oberhaupt der Gottlob Auwärter GmbH & Co. KG, Konrad Auwärter, sich nicht auf den Lorbeeren seiner langen Tätigkeit im Bau von oft sehr innovativen Bussen auszuruhen, sondern sich der Oldtimerbusszene zuzuwenden, natürlich mit einem starken Fokus auf NEOPLAN-Bussen. Auch ein BVG-Fahrzeug kam so auf Umwegen in seine Sammlung nach Pilsting, ein N 4009 NL, einer der allerersten sechs Niederflur-Midibusse bei der BVG, geliefert im August 1990 – der Wagen 2423 aus der Serie 2419 bis 2424.
Im Sommer vergangenen Jahres entschied sich Herr Auwärter, den Wagen zur Firma Omsa nach Güstrow zu schicken, um diesen dort neu beblechen und lackieren zu lassen, da der Rost an vielen Stellen deutlich zu sehen war. Die Rede war nach einem ersten Angebot von 16.000 Euro. In der Nähe von Dessau blieb der Bus leider mit einem geplatzten Kühlwasserausgleichsbehälter liegen, konnte aber aus eigener Kraft noch die Autobahn verlassen. Niklas Grigo, treibende Kraft bei den Nahverkehrsfreunden Dessau, reparierte den Wagen vor Ort zum fairen Preis. Einige Tage später im Juli 2023 holte ich, Stefan Freytag, 2423 in Oranienbaum ab und fuhr nun zum ersten Mal einen NEOPLAN. Im Vergleich zu unseren Bussen hat der Wagen einen deutlich anderen Charakter. 2423 wurde in unserem alten Domizil in der Daumstraße trocken und sicher abgestellt. Im Oktober erfolgte dann die Überführung zu Omsa. Aus dem ursprünglichen Angebot wurden fast 40.000 Euro, weil natürlich nicht nur die Außenbleche und die Lackierung zu erneuern waren. Auch die Achsen wurden ausgebaut, um das Fahrzeuggerippe wieder in einen soliden Zustand zu bringen. Im April holte ich 2423 bei Omsa ab und überführte ihn nach Rathenow. Und hier wird er nun für längere Zeit sein Zuhause haben. Denn Herr Auwärter schließt mit uns einen Vertrag zur Nutzung des Busses ab. Etwas Besseres kann uns und vielleicht auch 2423 nicht geschehen: Wir mussten kein Geld für die Sanierung ausgeben und verfügen nun doch über einen Bus, der nach einigen noch zu leistenden technischen Arbeiten, zulassungsfähig ist – Danke Konrad, dass Du dies ermöglicht hast! Selbstverständlich wird auch der Innenraum aufgehübscht, um einen Bus Anfang der 1990er Jahre zu zeigen. Dank unseres großes Ersatzteilfundus können wir z. B. zerkratzte Sitzschalen gegen neuwertige ersetzen. Auch gescratchte Seitenscheiben werden gegen Neuware getauscht. Wann und ob der Bus mit einer amtlichen Zulassung versehen wird, steht noch nicht fest. Aber manchmal ergeben sich Einsatzmöglichkeiten, die für uns heute noch nicht absehbar sind.
Wie bereits am Beginn des Textes angedeutet, kommt vielleicht ein zweiter NEOPLAN zu uns: der von der IAV entwickelte und 1988 im BVG-Einsatz getestete Bi-Mot-Bus, Wagen 4000. Dieses Fahrzeug verfügt über zwei kleinere 6-Zylinder-Dieselmotore aus dem VW-Programm, wie sie beispielsweise bei der LT-Baureihe verwendet wurden. Bei hohem Leistungsbedarf, etwa während der Beschleunigungsphase, arbeiteten beide Motore gleichzeitig, deren Kraft über ein Summiergetriebe auf die Hinterachse übertragen wurde. Bei nur geringer Motorlast war nur ein Motor in Betrieb, der andere schaltete sich ab. An Haltestellen oder bei roten Ampeln schaltete auch der zweite Motor ab. Hierdurch sollte und wurde Kraftstoff eingespart. Leider ist ein automatisiertes Schaltgetriebe schadhaft, wodurch 4000 nicht mehr fahrbereit ist. Seit 35 Jahren stellt die IAV diesen Bus witterungsgeschützt in einer Halle ab. Nun soll er aber gehen, um Kosten zu senken. Die Alternativen heißen vermutlich Schrottplatz oder Traditionsbus. Wenn wir logisch denken würden, würden wir uns sicher nicht diesen historischen Versuchsträger ans Bein binden. Aber Logik war noch nie unsere Stärke, denn sonst wäre unsere Sammlung nicht so groß wie sie heute ist… Fragt sich nur wohin mit diesem Unikat. Vielleicht findet sich noch eine Ecke in unserer Halle in Rathenow.
Gottlob kommt garantiert kein Gelenkbus des Typs N 4021 NF mehr zu uns, auch keiner der HARU-Wagen, von denen einige durch den sehr konsequenten Einsatz auf den Linien 115, 124 und 132 zu Kilometermillionären geworden sind. Wer solche Busse aus dem frühen Produktionszeitraum sehen und erleben möchte, findet den zweiten Prototyp vom Baujahr 1987 dieser den Linienbusmarkt revolutionierenden Konstruktion im Auwärter Automobilpark in Pilsting. In Bremen wurde Ende 2023 ein N 4021 NF vom Baujahr 1988 nach einer sehr umfangreichen Instandsetzung der Öffentlichkeit vorgestellt. 1988 und 2024 nahm Konrad Auwärter an den offiziellen Feierlichkeiten teil. Welcher Chef, auch wenn er heute schon lange im Unruhestand ist, hat die Möglichkeit, so etwas zu erleben?
Wer mehr über den Prototypen bei der MVG in München wissen will, schaut beim
Omnibusclub München.
Ein Blick auf die Vorstellung der für NEOPLAN-Verhältnisse als Großserie mit 35 Wagen zu betrachtenden Gelenkbusse von 1988
sehen Sie hier.
Und hier informiert die BSVAG über die Wiederinbetriebnahme des Busses im März 2024. .
Zum Thema NEOPLAN bei der BVG gäbe es noch viel zu berichten, z. B. über die MIC´s, die Metroliner im Carbon-Design, eine absolut neue Buskonstruktion, deren Fahrgastzelle auf Stahl verzichtete und stattdessen aus Verbundfaserstoff hergestellt wurde. Von 1989 bis Anfang 1993 waren die Wagen 2100 bis 2103 zeitversetzt bei der BVG unterwegs. Auch über die MAN DL Doppeldecker wird gesagt, dass Sie aus der Feder von NEOPLAN stammen. Dieser Bus wurde von früheren Ingenieuren des Hauses NEOPLAN konstruiert, die nun für MAN tätig waren. Alle diese Doppeldecker wurden in ehemaligen NEOPLAN-Werken gebaut, 3099 in Pilsting und die anderen in Plauen. Auch die Typenbezeichnung NEOMAN ND313 bzw. 323 zeigt diese Wurzeln.
Stefan Freytag