Fotogalerie:
50 Jahre Routemaster in London
Wer
jemals in den letzten etwa 48 Jahren in London war, ist ihm zwangsläufig
begegnet: der Routemaster war für London in den 60er und 70er
Jahren so etwas wie der D2U in den 50er und 60er Jahren in Berlin.
Er war der Standard-Doppeldecker schlechthin, von ehemals 2760 Exemplaren
sind dort noch etwa 40 Stück im Einsatz (Stand Oktober 2005).
Die Vorkriegsentwicklung RT aus den 1930er Jahren war allmählich veraltet
(dennoch wurden noch etliche nach dem Krieg in Dienst gestellt), so dass ab
1947 die Konstruktion eines Nachfolgers begonnen wurde. Konstruktionsziele
waren eine selbst tragende Karosserie, die komplett aus Aluminium
bestehen sollte und das Getriebe sollte automatisch schalten. Zuerst wurde
daran gedacht, innerhalb der letzten Bestellung über 500 RT 75 Stück
in chassisloser Leichtmetallbauweise zu bauen, letzten Endes nahm man jedoch
zugunsten einer kompletten Neuentwicklung Abschied davon. 1954 war der erste
Prototyp des Routemasters - RM 1
- fertiggestellt. Er ähnelte
dem Vorgänger RT stark, denn er hatte ebenfalls eine schmale Fahrerkabine
und eine links daneben liegende Motorhaube, die die Reparaturfreundlichkeit
sicherstellen sollte. Das Oberdeck war wieder rechteckig, ragte also über
die Motorhaube und schloss vorn mit dem Kühler ab. Die Front war steiler
als beim RT und die ganze Karosserie wirkte etwas moderner.
Die wirklichen Neuerungen waren von außen allerdings nicht sichtbar:
- Einzelradaufhängung vorn mit Schraubenfedern
- Schraubenfedern auch an der Hinterachse
- halbautomatisches Schaltgetriebe ohne Kupplungspedal
- servounterstützte Lenkung
- Heizung für die Fahrgasträume
- der gesamte Aufbau konnte zu Wartungszwecken von der Hinterachse und dem Hilfsrahmen der Vorderachse abgenommen werden. Beide Achsen konnten nach dem Ausbau zur Überholung im Werk dann zu einem gemeinsamen Aggregat verbunden werden und bildeten so einen eigenen Rahmen, der im Verbund rangierfähig blieb. Der Motor war fest auf dem Hilfsrahmen der Vorderachse montiert, das Getriebe lag in Wagenmitte und verblieb unter der Karosserie.
Dem ersten Exemplar folgten 3 weitere Prototypen, wobei der Wagen mit der Nummer 4 die Bezeichnung »CRL 4« bekam.
Kurz zur Nomenklatur:
- RM: Routemaster
- CRL: Country Routemaster mit Leyland-Maschine, Heckplattform mit Türen
- RML: Routemaster mit Leyland-Maschine, später die Bezeichnung für die Langversion mit einer zusätzlichen Sitzreihe pro Etage
- RMC: Routemaster Coach, Falttür an der Heckplattform
- RMF: Routemaster ohne Heckplattform, Einstieg mit Falttür links hinter der Vorderachse
- FRM: Routemaster als Frontlenker (also vorderem Überhang) mit Heckmotor
Die ersten Serienfahrzeuge wurden erst 1959 in Dienst gestellt (zu diesem Zeitpunkt war der D2U bereits seit 7 Jahren im Einsatz!), der Wagen mit der laufenden Nummer 8 (also RM 8) diente lange Zeit als Testfahrzeug und Übungsobjekt für Reparaturen und kam erst 1976 in den Fahrgasteinsatz.
Die
Fahrzeuge bewährten sich so gut, dass sie mit durchschnittlich
ca. 35 Jahren ein außerordentlich hohes Alter für Busse
mit Verbrennungsmotor erreichten. Die Tage des Routemaster im regulären
Fahrgasteinsatz sind aber leider gezählt, da sie nicht behindertenfreundlich
sind. Die kleine Plattform, die Stufe zum unteren Fahrgastraum und
erst recht die Treppe ins Oberdeck sowie die fehlende Tür sind
heute nicht mehr zeitgemäß, die Fahrerplätze sind nach
heutigen Gesichtspunkten alles andere als ergonomisch. Die alten Motoren
sind schwach, die neueren Scania- und Iveco-Maschinen taugen nur als Übergangslösung,
die halbautomatischen Getriebe schalten sehr unkomfortabel und nicht
zuletzt ist der personalintensive Einsatz mit dem unabdingbaren Schaffner
heute nicht mehr rentabel, der Trend geht zum Einmannwagen (OPO, one
person oparation).
Dennoch
hat der Routemaster eine riesige Fangemeinde und man darf davon ausgehen,
dass von den derzeit noch im Einsatz befindlichen Fahrzeugen kaum eines
den Weg zum Schrottplatz gehen bzw. fahren muss, denn auf derzeit 50
zum Verkauf stehende Busse kommen 200 Bewerber...
Am
Wochenende 24. und 25. Juli 2004 zeigten Busunternehmen, Händler, Vereine
und Clubs der Fangemeinde ihre geretteten Perlen. Dabei kamen
gut und gerne (ungezählte)
100 Routemaster zusammen, darunter der erste und der letzte gebaute,
Werbebusse, wie neu aussehende Exemplare und solche, die eine Aufarbeitung
noch nötig
haben, offene "Open Top"-Busse, ein RT, dessen Vorgänger
und Vor-Vorgänger, ältere Eindecker und der einzige jemals
gebaute FRM (Routemaster mit Heckmotor und vorderem Überhang).
Wir muteten unserem D2U 1629 die Fahrt nach London zu, die er auch
ohne ein Problem überstand, um den Londonern den »Routemaster
Berlins« zu zeigen. Diese waren auch äußerst interessiert,
der Bus war ständig umringt von Fotografen und die Mitgereisten
mussten ihre teilweise etwas eingestaubten Englisch-Kenntnisse zusammenkramen,
um auf die vielen detaillieren Fragen passende Antworten geben
zu können.
Unsere
Fahrt startete übrigens am Mittwoch, den 21.07.2004 und führte uns
über unsere erste Zwischenstation Hamburg, wo der Bus bei der VHH in
Bergedorf übernachten durfte, am Donnerstag nach Cuxhaven. Hier rangierten
wir unseren Bus auf die Fähre, die uns in 18 Stunden ins britische
Harwich brachte. Über die reichhaltigen Buffets an Bord verlieren wir
hier besser kein Wort... Die letzten knapp 150 km bis London waren
am Freitag nur noch ein leichtes Spiel. Selbst die »Stamford Hill Garage«,
das Domizil unseres D2U bis zur Abreise, war schnell gefunden. Die
Mitarbeiter dort waren sehr interessiert und erstaunt und freuten sich
sehr über unser Kommen. Die Rückfahrt am Dienstag verlief ähnlich,
nur ohne Übernachtung in Hamburg. Alles weitere ist unten neben den
Bildern zu lesen.
Hier nun endlich die Fotos, deren Auswahl in der nächsten Zeit noch verändert bzw. ergänzt werden wird. Die Bilder sind dieses Mal aufgrund des seltenen Ereignisses in einer höheren Auflösung (640x428 Pixel, ca. 100 kByte pro Bild) abgelegt. Daher nochmals die eindringliche Bitte: die kommerzielle Weiterverwendung der Fotos darf nur mit Erlaubnis des Fotografen erfolgen, auch bei privater Weitergabe bitte den Copyright-Vermerk auf den Fotos nicht entfernen. Danke!!!
 |
So kann's gehen: der nette Herr vom BAG (Bundesamt für Güterverkehr) wollte sicher nur mal unseren Bus ansehen und winkte uns kurzerhand zur Fahrerkontrolle hinaus. Ohne Beanstandung konnten wir unsere Fahrt jedoch kurz darauf fortsetzen. |
 |
Ein D2U fährt auf die Fähre Cuxhaven-Harwich. So ein Gefährt war auch für die abgebrühten Hafenarbeiter etwas besonderes. |
 |
Ohne Komplikationen erreichten wir das Bus-Hotel: die ARRIVA-Garage in Stamford Hill, wo unser Bus die Nächte bis zur Rückfahrt verbrachte. |
 |
Innen
noch kurz eine Aufnahme zwischen einem modernen Doppeldecker
(links) und einem zum Fahrschulbus degradierten älteren
Modell vom Typ »Metrobus« (rechts). Ab 1907 waren in dieser Halle
Straßenbahnwagen beheimatet, später dann auch Trolleybusse,
zu diesem Zweck war im Vordergrund einmal eine Verschiebebühne
eingebaut gewesen. |
 |
Am
Sonnabend (24.07.04) war es dann soweit: wir fuhren unseren Bus
zum Finsbury Park, in dem die Geburtstagsfeier stattfand. Jeder
neu eintreffende Bus fuhr eine Runde im Park, so auch
RM 6, dessen goldfarbene Lackierung zum 50. Kronjubiläum
der Queen auch bestens zu
diesen Anlass passte. |
 |
Routemaster bis zum Horizont: schätzungsweise über 100 Stück wurden exakt parallel zueinander ausgerichtet (von wegen schief ist englisch!) |
 |
Exemplarisch für die Masse: die Routemaster 254 (links) und 8, beide im Top-Zustand. |
 |
Über die Optik lässt sich vortrefflich streiten: ein (nein, DER) Routemaster mit Heckmotor und vorderem Überhang: FRM 1 vorn vorn... |
 |
... und von hinten. |
 |
Diese
Parkposition war leider nur über Nacht vom 24. auf den 25.07.04
möglich,
da die Reihe den Routemastern vorbehalten war und unser Bus tagsüber
am Ende dieser Aufstellung stehen musste (was seiner Attraktivität
aber keineswegs schadete). |
 |
So sieht der RT aus, der direkte Vorgänger des RM. Optisch unterscheiden sich die beiden nicht sehr, oder? |
 |
RT mit D2U... |
 |
Dies ist ein STL, der Vorgänger vom RT. Auch diese beiden unterscheiden sich kaum. |
 |
Dieser Bus, ein K, dürfte der oder einer der Vorgänger vom STL sein und ähnelt unserem Berliner RK-Wagen aus den 20er Jahren sehr. |
 |
Auch von hinten ist eine (optische) Verwandtschaft mit dem Berliner RK (Robert Kaufmann) nicht zu leugnen. |
 |
Dramatisch: ein Routemaster in freier Wildbahn am Piccadilly Circus, dem RM-Eldorado. |
 |
Hier endlich ein Foto von hinten. Könnte fast ein roter und seitenverkehrter D2U sein, oder? |
 |
Haufenweise RM, sie fahren am Piccadilly Circus wirklich noch massenhaft. Wer das noch erleben möchte, muss sich aber beeilen, denn ab Frühjahr nächstes Jahr wird eine Linie nach der anderen auf moderne Busse umgestellt, wie z.B.... |
 |
... diese »Bendies«. Bendy bus - Biegebus - werden die Citaro-Gelenkbusse genannt, die die kurzen Routemaster allerdings nicht annähernd auf allen Linien ersetzen können. Dafür werden aber sicher viele Vorortlinien, die auf großen Straßen verlaufen, von Doppeldecker auf Gelenkbus umgestellt, womit wiederum Doppeldecker für die Routemaster-Linien frei werden. Auch wird es weitere Neuanschaffungen von Doppeldeckern geben. |
 |
Zum Abschluss noch ein paar Innenaufnahmen vom Routemaster. Die erste zeigt das Unterdeck, hinten der obligatorische Schaffner. |
 |
Und hier ein Blick ins Oberdeck. Auffällig das stark und hoch gewölbte Dach, das über 1,80 Meter Stehhöhe ermöglicht. |
 |
In der hinteren rechten Ecke ist die Treppe angeordnet. |
 |
Wenn hier die linke untere Frontscheibe nicht so schmutzig gewesen wäre, könnte man auf diesem Foto den Fahrer erkennen und dazu einige Details aus dem Führerhaus wie die Handbremse (vorn links), das Vierspeichenlenkrad (wie im D2U), die Getriebebedienung (links unter dem Lenkrad) und den riesigen Blinkerschalter (rechts auf dem Armaturenbrett). |
Der Routemaster Association gebührt großer Dank für diese einmalige
Veranstaltung!!!
Björn
Draegert (Text und Fotos)
Stefan Freytag
Manfred Fritzsche
Lars-Uwe Könecke
Mario Lange
Michael Müller
Ralf Putzke
Sven Sonnenburg
Harald Tschirner
Ralf Ziegenhirt
Hier gibt's weitere Informationen über auf modernere Doppeldecker umgestellte Linien in London.
|