3708 - eine umstrittene Investition

Nun ist er neu beblecht und lackiert, und auch die letzten Rostschäden am Unterboden sind behoben. Dieser Tage kehrt 3708 im äußeren Zustand seiner Erstauslieferung zurück nach Berlin, nachdem er von Juli bis Oktober einer Instandsetzung bei der Firma OmSa in Güstrow unterzogen wurde. 30.000 Euro hat der „Spaß“ gekostet - Geld das in Tagen des Corona-Lockdown nicht eben mal durch Fahrteinnahmen erwirtschaftet werden kann.

Einige werden sagen, diese Internetseite ist nicht der Ort, an dem wir uns selbstkritisch der Leserschaft zeigen sollten. Aber bevor andere Medien wie das FATB-Blättchen, die Berliner Verkehrsblätter, die BZ, die Berliner Zeitung, die Frankfurter Allgemeine, die Prawda oder die New York Times dies tun, machen wir es lieber selber. Ja, wir brauchen Geld für unseren Umzug, von dem wir nicht wissen, wohin er zu welchen Mietkonditionen gehen wird. Klar ist aber auch, dass unsere BVG- (und LVG-) Bussammlung dauerhaft nicht durch Erspartes finanziert werden kann, sondern eher aus Erträgen der Fahrtätigkeit. Niemand weiß derzeit, wie es mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus weitergeht und wann wieder richtig gefeiert werden kann. Ob dann wie früher fünf Hochzeiten und Geburtstage an einem Sonnabend von uns gefahren werden, steht in den Sternen. Was allerdings greifbar ist, das sind die 218er Fahrgäste, die dieser Tage mehr denn je bei schönem Wetter die Busse stürmen, so als würde das Virus gar nicht existieren. Haben Sie schon einmal erlebt, wie zehn Familien mit teils überbreiten Kinderwagen in einen Bus einsteigen wollen? (Sie können sich gerne bei uns zum Fahrdienst melden...) Die Antwort hierauf lautet 3708. Ein „Rotstangenbus“ ohne störende Haltestange im Mitteltürbereich, der über einen erweiterten Stellplatz verfügt, und in einer Lackierung, die Fahrgäste als historisch erkennen – RAL 1002, sandgelb.

Auch ein Grund, warum die Wahl der Investition auf diesen Bus fiel, ist die bereits von uns seit 2012 durchgeführte Unterbodensanierung. Einen Wagen, in dem schon viel Arbeitsleistung steckt, einfach in die Ecke zu stellen, ist keine gute Idee. So richtig fertig ist 3708 aber noch nicht. Im Innenraum stehen etliche Arbeiten an, die wir in Eigenregie durchführen werden. Somit ist frühestens im Sommer 2021 mit der Rückkehr in den Linieneinsatz zu rechnen, frühestens!!! (Es sei denn, Sie helfen uns...)

Wer von Ihnen, geneigte Leserinnen und Leser, sich mit unserem Fuhrpark bzw. dem der BVG vor 30 Jahren nicht so richtig auskennt, der schaut hier. Die folgende Auflistung zeigt Ihnen einige Fakten zu 3708:

  • Weiterentwicklung des sehr erfolgreichen SD200, der durch MAN, den Hersteller der Bodengruppe, als SD202 bezeichnet wurde
  • Fabrikation des Aufbaus bei der Waggon Union in Berlin-Wittenau – also ein echter Berliner wie alle BVG-Doppeldecker von 1951 bis 1995
  • Nummerisch erster Wagen der Lieferung 1989 – letzter ausgemusterter D89 (D ist die von der BVG verwendete Abkürzung = Doppeldeckbus.)
  • Von uns erworben, da die D89 genau die Mitte zwischen der ersten Serie 1986 und der letzten 1992 darstellen.
  • Ab dieser Serie deutlich verbessertes Heizungssystem für das Oberdeck
  • 2. Lieferung der damals als behindertengerecht bezeichneten Fahrzeuge
  • Wiederherstellung des Auslieferungszustands von 1989 soweit dies möglich ist
  • Einsatzdauer bei der BVG von über 20 Jahren, allerdings mit Unterbrechung
  • Derzeitiger Tachostand 1.216.500 km

Wünschen Sie uns, dass unser Chef (also icke) den richtigen Riecher hatte und 3708 in Zukunft hier in Berlin gebraucht wird, sei es auf der Linie 218, für die Schulkinderbeförderung, historische Filmaufnahmen oder vielleicht sogar als „moderner“ Hochzeitsbus.

Text: Stefan Freytag