D2U 1415 kehrt zurück nach Berlin

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Am 30. Juli 2017 um 0.00 Uhr kehrte der Büssing-D2U-Autobus 1415 zurück nach Berlin. Da D2Us heutzutage nicht an jeder Ecke zu finden sind und es für Sie bestimmt spannend ist zu erfahren, wie „die Geschichte“ ablief, habe ich – Stefan Freytag – für Sie diese Zeilen geschrieben.

Die Existenz von 1415, einem D2U 60 mit Erstzulassungsdatum 4. Januar 1961, der seit 1978 im Eigentum der GEFA stand, dürfte speziell den D2U-Interessierten bekannt sein. Viele von Ihnen haben sicher das WIKING-Modell in der Vitrine stehen. Er diente der GEFA als Informations- und Beratungsbus und ist daher entsprechend aufwändig im Innenraum umgestaltet worden. Vermutlich bereits Mitte der achtziger Jahre wurde die Karosserie des Busses sehr gründlich instand gesetzt, wohl zu dem Zeitpunkt, als er die neue und immer noch aktuelle Farbgebung als GEFA-Gästebus erhielt. Nach den uns vorliegenden Fahrzeugunterlagen wurde der Wagen am 17. April 1998 abgemeldet, stand aber immer witterungsgeschützt in einer Halle in Wuppertal. Allerdings wurden wohl seit ca. 20 Jahren keine Wartungsarbeiten mehr an 1415 durchgeführt. Nur gelegentlich fuhren seine Stammfahrer eine kleine Biege, um ihn nicht ganz verstauben zu lassen. Irgendwann in den Neunzigern wurde ihm ein Büssing U11D Motor und ein Voith 501 DIWA-Getriebe eingepflanzt. Das gibt dem Bus mehr Leistung und durch eine Umschaltvorrichtung für das Getriebe eine deutlich höhere Geschwindigkeit. Im November 2016 spendete die GEFA das Fahrzeug an die Stiftung regionale Verkehrsgeschichte (SRV) in Wuppertal. Da das Gefährt aber wegen seiner Höhe nicht in deren Halle passte, die Wuppertaler Berge mit ihren Steigungen ihm einiges abverlangen und der Rückbau zu einem „richtigen“ Bus den „Verein“ vor sehr (zu) große Herausforderungen stellte, kam es zu dem Entschluss, einen Tausch vorzunehmen.

Einer unserer O305 Spiegelbusse, Wagen 1644, weckte das Interesse der Wuppertaler. Der Bus war von uns vor geraumer Zeit bereits „entspiegelt“ und in einen mit kleinen Ausnahmen betriebsfähigen Zustand versetzt worden. Über Wochen zogen sich die Gespräche und auch die Vorbereitung an 1644 für die über 500 Kilometer weite Überführung hin. Am 23. Juli machte ich mich dann mit dem O305er auf den Weg und mit genau 9 Stunden Lenkzeit erreichte ich ohne Probleme den Betriebshof Nächstebreck in Wuppertal. Fazit: 1644 ist ein guter Bus und lief einwandfrei. (Aber was sollen wir noch alles aufheben...) Die SRV war nicht so fleißig wie wir und sah den Wert des D2U mit seinem 20-Jahre-Dornröschen-Schlaf-Zustand auf dem gleichen Level wie unseres betriebsbereiten 1644. Also mussten wir das Dornröschen wachküssen, damit es die weite Fahrt nach Berlin gut übersteht. Hierzu fand ich auf Empfehlung der SRV eine Werkstatt in Wuppertal, deren Hallentore für 1415 geeignet sind und erteilte dort den Auftrag für eine Grundwartung mit Öl- und Kraftstofffilterwechsel sowie Abschmieren des Busses. Alles zog sich länger hin als geplant, die Überführung von 1415 innerhalb von Wuppertal und die Arbeiten bei Firma Cüppers. Von Tag zu Tag verlängerte ich den Aufenthalt im Hotel, fand so aber z.B. Zeit, reichlich Schwebebahn zu fahren und auch den Solinger O-Bus auszuprobieren. Das Schwebebahnfahren hat mich besonders fasziniert. Die Bahnen hängen am Gerüst über der Wupper und in Vohwinkel über der Straße und pendeln am Bahnsteig. Alle 5 Minuten fährt tagsüber eine Bahn, die gut mit Fahrgästen besetzt ist. Das hatte richtig „Weltstadtcharakter“! Die meisten Wagen stammen aus einer Lieferung von 1972 – 75, Typ GTW 72, die total den Geist der siebziger Jahre verströmen. Eigentlich sollte die Ausmusterung durch Ersatz mit neuen Fahrzeugen in vollem Gange sein (GTW 15), aber technische Probleme verhindern derzeit die Inbetriebnahme weiterer Neubauwagen. Also: Wer von Ihnen, liebe Leser, noch einmal „richtig“ Schwebebahn in Wuppertal fahren will, macht das am besten ziemlich kurzfristig.

Aber zurück zu 1415: Am Vormittag des 28. Juli machte ich mich vom Betriebshof Nächstebreck aus auf den Weg Richtung Berlin. Es war nur ein kurzer Weg zur Autobahn, zuvor den fast leeren Bustank noch aufgefüllt. Mit so 60 km/h zuckelte ich dort entlang, bergauf waren es dann auch teils nur 40. Und irgendwann war es dann so weit. Ich beschloss, einen gewissen Schalter am Armaturenbrett umzulegen, den mir zuvor der rührige Fahrer der GEFA erklärt hatte. Ein Fiepen ist zu hören und das Getriebe schaltet auf Durchgang, d.h. die volle Motordrehzahl wird auf die Hinterachse übertragen. Der Bus läuft dann wegen der recht geringen Drehzahl des Motors, die für eine Geschwindigkeit von 60 bis 80 km/h nötig ist, sehr ruhig. Das ganze hat so gar nichts mehr mit D2U zu tun. Nach Auskunft des GEFA-Fahrers bringt der Bus in der Ebene auch 100 km/h, aber mir war klar, dass dies nicht gut für die alte Bereifung des Busses sein würde. So schnurrte ich über die A2. Die meisten LKW überholten mich zwar, aber deren Fahrer unterließen es, mich wegen zu geringer Geschwindigkeit anzuhupen und böse Gesten zu zeigen. Auch drei Büssing LKW und ein Unterflur-MAN zogen laaangsam an mir vorbei auf ihrem Weg zum Treffen ins Oschersleben. Da sich die Zeit 4 ½ Stunden Lenkzeit näherte, verließ ich die Autobahn Richtung Hannover, um eine Pause einzulegen. Was ich dann entlang der Straße sah, erschreckte mich sehr. Ein Fluss, der sonst sicher beschaulich dahin fließt, war derart über die Ufer getreten, dass er fast schon die Bundesstraße erreichte. Während meiner Pause in Hannover-Leinhausen erfuhr ich von Feuerwehrmännern im Eiscafé, dass dies die Leine ist – Wahnsinn. Geparkt habe ich übrigens in einem Wohngebiet zwischen den dort stehenden PKW. Ich setzte die Fahrt fort. Kurz hinter der Ausfahrt Oschersleben telefonierte ich mit Vinzent aus unserer Junge-Menschen-Gruppe, die sich mit LVG 70 zum Büssing-Treffen nach Oschersleben begeben hatte. Da seine Reaktion „ach wie schade“ war, beschloss ich umzukehren und auch Oschersleben anzusteuern. Obwohl ich dort mit 1415 nicht angemeldet war, hieß man mich herzlich willkommen und freute sich, dass somit zumindest ein zweiter Bus zu sehen war. Die Nacht verbrachte ich im Bus und kann nur sagen, so richtig gemütlich ist es nicht, auf einer Vierbank im Oberdeck auf durchgehärteten Polstern zu schlafen. Am nächsten Vormittag ging es weiter, nachdem ich mir in einer Ausstellung noch WIKING-Modelle von „meinem“ GEFA-Bus und entsprechende Fotos hierzu angesehen hatte. Während der Fahrt hörte ich nun ein leichtes Klack-Klack und dachte an einen Stein im Reifenprofil. Dieser Gedanke war falsch, denn kurze Zeit später auf der Autobahn kam ein leichtes Rütteln hinzu und mir wurde klar, das ist ein Reifenproblem. Da sah ich im Rückspiegel auch schon ein Stück Gummi fliegen. Dank einer jungen und schönen Frau mit langen dunklen Haaren, die ihren PKW direkt am Rasthof Börde gegen die Mittelleitplanke gesetzt hatte, gab es einen Stau, so dass ich ohne Probleme mit 10 bis 20 km/h diesen Rastplatz erreichen konnte. Wer nun denkt, einer unserer jungen Menschen, die reichlich mit Telekommunikationsgeräten ausgestattet sind, ginge mal ans Telefon, der irrt. Irgendwann kam dann ein Rückruf von Vinzent und die Aussage, wir haben hier weder Werkzeug noch Reserverad. Denn der Reservereifen an 1415 sah auf den zweiten Blick nach Abnehmen der Blende grauenvoll aus. So ungefähr 7 Stunden vergingen, bis unsere gute Seele Martin mit seinem Chevy und Kumpel Uwe den notwendigen Ersatzreifen samt Werkzeug anlieferten. Der Radwechsel an sich lief recht problemlos, obwohl ich als Büro-Futzi (der in dem orangen T-Shirt) ja nicht jeden Tag solche Arbeiten durchführe.  In ca. einer Stunde war alles erledigt. An dieser Stelle danke ich ausdrücklich Martin für die Fahrt nach Börde, die Wahl der Werkzeuge und Arbeitsmittel, seine tatkräftige Unterstützung und seine immer gute Laune! Uwe hat geholfen und endlich Fotos von 1415 aufgenommen. (Der Akku meiner Kamera war leer, als ich sie brauchte...)

Kurz vor Mitternacht erreichten wir, 1415 und ich, die Daumstraße. Da steht er nun, unser „neuer“ D2U, der eigentlich keiner mehr ist. Er hat eine sehr gute Substanz, aber eine Inneneinrichtung, die nicht unbedingt unserer Philosophie, BVG-Busse authentisch zu erhalten, entspricht. Einige sprechen von Partybus, andere vom Umbau zum ursprünglichen Erscheinungsbild. Mein Herzenswunsch wäre das ja auch, 1415 wieder als D2U im Fahrgasteinsatz zu sehen. Aber vom Reden und Wünschen ist bei uns bislang noch nichts passiert. Mal schauen, ob den Worten auch Taten folgen. Wir harren der Dinge, die da kommen und halten Sie, liebe Leser auf dem Laufenden, falls sich etwas tut. Eines scheint aber ziemlich sicher: Wir werden aus 1415 keinen Afri-Cola-Bluna-Popbus machen.

Nachsatz zur schönen Frau auf der Autobahn:
Sie stand dort Stunde um Stunde, oft an die Leitplanke angelehnt. Die Polizei hatte die Unfallstelle abgesichert, aber das war es denn auch. Erst als der ADAC-Autotransporter ihr Fahrzeugwrack oder das ihres Freundes oder Ihrer Mutter etc. verladen hatte, durfte sie in den Transporter einsteigen und den Ort des Geschehens verlassen. Wie gut erging es mir dagegen im Vergleich. Unser Bus war heil geblieben, ich hatte ein Buch dabei, das ich in Ruhe im Bus lesen konnte. Und mit zwei jungen Leuten aus unserer Truppe, die von Oschersleben mit dem Trabi angefahren kamen, führte ich ein sehr interessantes Gespräch. Fazit: Nimm die Dinge so wie sie sind. Du kannst sie eh nicht ändern! Und Sie denken bitte daran, immer mit gemäßigter Geschwindigkeit zu fahren und den Sicherheitsabstand einzuhalten. Denn so ein Unfall geschieht schneller, als Sie es sich vorstellen können.

Text: Stefan Freytag


Ich entschuldige mich bei allen, denen dies zu langatmig ist, und freue mich, wenn es Ihnen gefallen hat.

zuletzt aktualisiert 18.8.17