Volvo EN (B 10 L)
(Eindecker mit Niederflurtechnik)

Als die BVG Mitte der Neunzigerjahre begann, sich auf den ab 2007 geltenden verschärften Wettbewerb im ÖPNV-Bereich vorzubereiten, wurden auch Möglichkeiten gesucht, das in den einzelnen Betriebsteilen vorhandene Know-how nach Außen zu vermarkten und somit weitere Einnahmequellen zu erschließen. Dazu sollten die Busse der unterschiedlichen Hersteller möglichst markenrein auf den Betriebshöfen stationiert werden und die Werkstätten die Vertretung der jeweiligen Marke übernehmen.

Unter anderem wurden so die BVG-Betriebshöfe zu Service-Werkstätten mit unterschiedlicher Spezifikation erweitert, womit nun Leistungen »Rund um das Nutzfahrzeug« auch von dritter Seite genutzt werden können. Zeitgleich erfolgte in diesem Zusammenhang die Erweiterung des im Südwesten der Stadt gelegenen Betriebshofes Zehlendorf zur Funktion einer VOLVO-Vertragswerkstatt, aus der in logischer Konsequenz auch die Anschaffung von Omnibussen dieses Herstellers folgt. Externe Kunden dieser Werkstattleistungen profitieren somit neben einer sofortigen Verfügbarkeit von Ersatzteilen für Volvo-Busse - die ja zum Teil auch für die BVG-eigenen Fahrzeuge benötigt werden und somit vorgehalten werden müssen - auch von dem nicht zu unterschätzendem Faktor der vorhandenen Erfahrung einer Werkstatt im täglichen Umgang mit diesen Fahrzeugen.

Im Jahr 1995 gelangte folgerichtig mit dem Wagen 2090 erstmals ein »Schwede« zur BVG, der am 31. August im Rahmen einer Feierstunde auf dem Betriebshof Zehlendorf präsentiert und anschließend dem Betrieb übergeben wurde. Dieser der Serienfertigung für Österreich entstammende und für den Berliner Linieneinsatz lediglich in den BVG-Hausfarben lackierte Bus wurde auf fest zugewiesenen Umläufen werktags auf der Linie 170 eingesetzt, während der Wagen an Sonn- und Feiertagen auf der Linie 283 verkehrte.

Bereits im Herbst 1996 schied der Wagen 2090 wieder aus dem BVG-Bestand aus und wurde an den BVG-Subunternehmer »Der Spandauer« abgegeben, der den Bus noch einige Monate mit der Zulassung B-EJ 7120 und der BVG-Funknummer 8097 auf verschiedenen BVG-Linien (unter anderem regelmäßig im Spätverkehr auf der Linie 123) einsetzte.

Auf Basis der mit dem Probewagen 2090 gesammelten Erfahrungen gelangten im Jahr 1997 dreißig Volvo-Busse der Bauart B 10 L zur BVG, denen die Wagennummern 1154 - 1183 zugeordnet wurden. Die in Wien gefertigten dreitürigen Busse wurden auf Leasingbasis angeschafft, waren gemäß BVG-Wunsch mit dem VDV-Arbeitsplatz, einem Euro-II-Motor, einer AEG-Matrixanzeige, Klimaanlage, drei Türen (an der ersten Tür befand sich eine Klapprampe, an der mittleren Tür eine ausfahrbare Rampe) und einem Voith-Getriebe ausgestattet und wurden von BVG-Mitarbeitern in mehreren Tranchen vom Werk abgeholt. Ebenso wie Wagen 2090 wurden auch diese Busse der Öffentlichkeit im Rahmen einer Feier vorgestellt, die am 14. Mai 1997 am Brandenburger Tor stattfand. Bei Indienststellung sind alle 30 Fahrzeuge dem Betriebshof Zehlendorf zugewiesen worden.

In Folge von Abstellungen von Altfahrzeugen und aufgrund der organisatorischen Zusammenlegung von Betriebshöfen sind die Wagen 1180 - 1183 zum Betriebshof Cicerostraße umgesetzt worden, denen zwei Monate später noch die Wagen 1178 und 1179 folgten. Mit der Schließung des Betriebshofes Zehlendorf für den Liniendienst am 30. Januar 2005 wurden auch die restlichen Wagen dieser Serie zum Betriebshof Cicerostraße umgesetzt.

Im April des selben Jahres begann mit der Abstellung des Wagens 1154 die sukzessive Ausmusterung der einst auf Leasingbasis angeschafften Fahrzeuge, von dem keine zwei Monate später kein einziges Fahrzeug mehr im Liniendienst stand. Nach erfolgter Aufarbeitung durch die BVG-eigene Hauptwerkstatt sind alle 30 Wagen an den Hersteller zurückgegeben worden.

Im Jahr 1997 erwog die Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG) die Beschaffung von Volvo-Linienbussen und erhielt die beiden Wagen 1173 und 1181 zur Erprobung. Beide Busse waren lange Zeit noch an der linksseitig zusätzlich zum BVG-Wappen vorhandenen Eigentümerbezeichnung der BVG erkennbar.

Nach erfolgreicher Erprobung beschaffte die PVG 1998 und 1999 für ihre Linien im Norden Hamburgs die Volvo B 10 L mit den Wagennummern 170 bis 181. Allerdings war man wohl im Alltagsbetrieb mit diesen Bussen doch nicht so zufrieden und so nutzte man die Gelegenheit, als die BVG im Jahr 2001 aufgrund der altersbedingten Ausmusterung etlicher SD 202 und knapper Geldmittel in ganz Deutschland gebrauchte Linienbusse suchte, die Volvo B 10 L anzubieten.

So kamen die PVG-Volvos nach Berlin, wo sie nach Anpassung an das BVG-Farbschema - technisch teils in der Betriebswerkstatt Zehlendorf, teils in der Hauptwerkstatt Uferstraße - für den BVG-Einsatz hergerichtet wurden und ab Dezember 2001 mit den Wagennummern 1841 bis 1852 von Zehlendorf aus zum Einsatz kamen.

Nur Wagen 1852 (ex Pinneberg 181) wurde aufgrund seiner Sonderlackierung farblich nicht geändert, da dieser bei der PVG auf rotem Lack unter dem Thema »in memoriam Keith Haring« von einer Schulklasse der Gesamtschule Blankenese mit verschiedenen gelben Motiven im Stile des amerikanischen Künstlers gestaltet worden war. Es hat die Blankeneser Schüler sicher erfreut, dass ihr Kunstwerk jetzt in der Bundeshauptstadt unterwegs ist.

Alle 12 Busse waren mit einer Flüssigkristallanzeige der Firma Krüger versehen, die - erstmals bei einem Berlin verkehrenden Linienbus - am Fahrzeugheck neben der Liniennummer auch das komplette Fahrziel anzeigte. Daneben verfügen diese Busse auch auf der linken Fahrzeugseite über eine Liniennummernanzeige, womit bei der BVG bisher lediglich die Wagen 1885 - 1889 (SD 82) und der Wagen 2000 (DB E 85) ausgestattet waren. Werksseitig verfügten die Wagen 1841 und 1842 über ZF-Getriebe, während 1843 - 1852 mit einem Voith-Getriebe versehen waren. Im Gegensatz zu den Volvo-Fahrzeugen 1154 - 1183 verfügten die aus Pinneberg übernommenen Busse lediglich an der mittleren Tür über eine Klapprampe. Im Innenraum unterschieden sich die ex-PVG-Volvos durch auf rotem Grund gemusterte Polster und blaue Griffstangen vom gewohnten Innenraumdesign; auch konnten die mittlere und die hintere Tür vom Fahrer direkt geschlossen werden, was beim Fahrpersonal jedoch auf unterschiedliche Resonanz traf.

Aufgrund eines Defekts der Krüger-Anzeige wurde der Wagen 1850 im Juni 2003 mit einer ANNAX-Anzeige ausgestattet, der Wagen 1842 erhielt im August des selben Jahres an der mittleren Tür versuchsweise Schwenkschiebetüren des Herstellers Ventura.

Waren die aus Pinneberg übernommenen Busse anfangs dem Betriebshof Zehlendorf zugewiesen, wurden später alle zwölf Busse zum Betriebshof Cicerostraße umgesetzt.

Im Dezember 2006, mit Beginn der Auslieferung von Neufahrzeugen des Typs MB O530 (Citaro) wurden die aus Hamburg übernommenen Busse vom Typ Volvo B 10 L abgestellt und über einen Nutzfahrzeughändler weiterverkauft. Von elf der zwölf Busse ist ein Verbleib in Polen bekannt.

Nachfolgende Übersicht listet die ehemaligen PVG-Wagennummern der nun Berliner Wagen 1841 - 1852 auf:

alte PVG-Nr
neue BVG-Nr
170
1841
171
1842
172
1843
173
1844
174
1845
175
1847
176
1848
177
1850
178
1849
179
1851
180
1846
181
1852


Text: M. Fritzsche und C. Neuhaus
Stand: 08.08.2008

B10L

Äußerlich im BVG-Corporate Identity gehalten war der Vorführwagen 2090, der wie auch die später folgenden Serienwagen vom Betriebshof Zehlendorf, Winfriedstraße, eingesetzt wurde.

Foto: R. Messer

B10L

An Sonn- und Feiertage lief 2090 auf der Linie 283, wie auch anhand der Wimpel zu sehen ist. Diese sind nur hinter die Windschutzscheibe geklemmt, da der Wagen nicht die BVG-typischen Halterungen besaß.

Foto: R. Messer

B10L

Das Wageninnere verrät, dass der Bus nicht nach BVG-Spezifikationen gebaut wurde, sondern einer anderen Bestellung einfach entnommen worden ist.

Foto: R. Messer

B10L

Numerisch und physisch erster Serienwagen war 1154, der hier kurz nach seiner Zulassung auf dem Betriebshof Zehlendorf für ein Foto posiert.

Foto: R. Messer

B10L

Das Einsatzgebiet der B10L umfaßte eben die mit Eindeckautobussen bedienten Linien vorwiegend im Südwesten der Stadt.

Foto: R. Messer

B10L

Typisch für Eindecker ist ortsteilbezogene Werbung, wie 1164 sie am Bahnhof Wannsee präsentiert.

Foto: C. Neuhaus

B10L

Liegt der Fotostandort wirklich an der Streckenführung der Buslinie 211? Das Foto entstand bei der Überführung der Neuwagen vom Hersteller in Wien, die mit BVG-eigenen Fahrern durchgeführt wurde.

Foto: R. Messer

B10L

Gefilde hingegen, die die B10L öfter zu Gesicht bekamen, ist die Aufstellanlage Hertzallee.

Foto: C. Neuhaus

B10L

An prominenter Stelle trifft 1172 einen O407, der im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Regionalverkehr Oberbayern als Gastwagen auf der Linie 119 eingesetzt wurde.

Foto: C. Neuhaus

B10L

Wieder Linie 211, diesmal echt: 1176 am 30. April 1998.

Foto: R. Messer

B10L

Am U-Bahnhof Krumme Lanke wartet 1177 am 14. September 1997 auf die nächste Fahrt zum Bahnhof Wannsee.

Foto: C. Neuhaus

B10L

Noch ein Foto aus der Waldsassener Straße zeigt 1178, der seine Pausenzeit in der Vormittagssonne am 22. August 1997 nimmt.

Foto: C. Neuhaus

B10L

Der östliche Rand ihrer Lebensraums war der Ortsteil Baumschulenweg, den 1177 am 22. Januar 2005 durchquert. Nur noch wenige Monate bleiben den B10L vor der Rückgabe an ihren Eigentümer.

Foto: U. Bergmann

B10L

Im strömenden Regen des 27. April 2005 hat 1174 die Ehre, als Metrobus die Linie M85 zu bedienen.

Foto: U. Bergmann

B10L

Der Paradiesvogel unter den B10L, die aus Pinneberg beschafft wurden, war 1852...

Foto: C. Neuhaus

B10L

...dessen Äußeres von Schülern aus Blankenese im Stil Keith Harings gestaltet worden war. Eine Umlackierung blieb dem Bus in Berlin glücklicherweise erspart.

Foto: C. Neuhaus

zuletzt aktualisiert 19.2.2010 | Ulf Bergmann