VDL DK (VDL Citea DLF 114)

(Doppeldecker, kurz)

Im Frühjahr 2014 entschied sich die BVG für eine Ausschreibung von neuen, zweiachsigen Doppeldeckern mit unterschiedlichen Fahrzeugkonzepten:

Das erste Konzept traf auf den Doppeldecker 3094 zu, den Scania entwickeln sollte. Für das zweite Konzept erhielt das Unternehmen VDL Bus & Coach den Zuschlag, die Omnibussparte des niederländischen Industriekonzerns VDL Groep.

Hinter der Ausschreibung stand die Idee, aufgrund der kürzeren Fahrzeuglänge die neuen Wagen auf mehr Linien einsetzen zu können und gleichzeitig Reparaturkosten einzusparen.

Bereits im Jahr 2012 begann die BVG mit der Erprobung von zwei Eindecker-Fahrzeugen des Herstellers VDL. Die für die Dauer von vier Jahren geleasten Wagen vom Typ Citea LLE-120 (Wagen 1840 und 1841, später 2321 und 2322) konnten ausstattungsbedingt während dieser Langzeiterprobung mit geringen Kraftstoffkosten und großer Wartungsfreundlichkeit von sich überzeugen.

Wohl vor dem Hintergrund dieses guten Eindrucks bei der BVG und ausreichender Erfahrung beim Bau von auch doppelstöckigen Reisebussen wagte es VDL, mit dem Citea DLF 114 erstmals einen Doppeldecker für den Linienverkehr zu fertigen.

Der am 11. August 2015 auf dem Gelände des Betriebshofes Cicerostraße als Wagen 3093 vorgestellte Bus verfügte - im Gegensatz zum Pendant der Firma Scania - über zwei Treppen zum Oberdeck. Mit 11,40 Metern Fahrzeuglänge war der VDL-Doppeldecker auch ganze 0,56 Meter länger als das finnische Konkurrenzfahrzeug. 97 Fahrgäste fanden auf 46 Sitzplätzen im Oberdeck und weiteren 19 (+5) Sitzplätzen im Unterdeck Platz.

Erstmals bei einem BVG-Doppeldecker befand sich die zweite Treppe nicht auf der Fahrerseite des Fahrzeuges, sondern ermöglichte vom Oberdeck kommenden Fahrgästen durch die türseitige Anordnung das direkte Erreichen der Ausstiegtür. Auch waren an der Abgangstreppe gesonderte Haltewunschtaster angebracht, mit denen die noch an der Treppe befindlichen Fahrgäste dem Fahrer ihren Ausstiegswunsch signalisieren konnten.

Angetrieben wurde der 4,06 Meter hohe Doppeldecker von einem Cummins-ISB-6.7-Motor, der in Verbindung mit einem ZF Ecolife-6-AP-1200-Getriebe 280 PS (206 kw) auf die Straße brachte. Im Fahrzeug war neben USB-Schnittstellen im Oberdeck auch eine gegenüber dem Scania-Doppeldecker modifizierte Sitzplatzbelegungsanzeige verbaut. Während beim Scania die absolute Anzahl der noch freien Sitzplätze angezeigt wurde, befand sich beim VDL-Doppeldecker an der Aufgangstreppe ein Tableau, auf dem die freien Sitzplätze in grün und die belegten in rot angezeigt wurden.

Auch bei der Gestaltung des Oberdecks wurden neue Wege beschritten. Statt der - im Unterdeck verwendeten - üblichen Kiel-Bestuhlung mit schwarzem Fleckenmuster-Stoff waren die Sitze im Oberdeck mit blauem Sitzstoff bezogen. In den Wagenboden des Oberdecks eingelassene Pfeile gaben die Gangrichtung von der vorderen (Aufstieg-)Treppe zur zweiten Treppe vor.

Nach der Komplettierung des Busses mit weiterer BVG-Infrastruktur (Funk, Kassendrucker) erfolgte die Erstzulassung des Busses am 21. September 2015. Der Bus wurde mit Indienststellung dem Betriebshof Cicerostraße zugewiesen. Da die BVG die beiden Doppeldeckerbusse anfangs jedoch gemeinsam auf einer Linie erproben wollte, ist 3093 unmittelbar nach der Indienststellung an den Betriebshof Spandau verliehen worden. Von dort aus sollten der VDL-Doppeldecker 3093 und der bereits seit dem Frühjahr 2015 auf der Linie X34 erprobte Scania-Doppeldecker 3094 auf der Linie X34 zum Einsatz kommen. Der Ersteinsatz des VDL-Doppeldeckers erfolgte im Tagesverlauf des 12. Oktober 2015 auf der Linie X33; am 15. Oktober 2015 kamen erstmals beide Testbusse gemeinsam auf der Linie X34 zum Einsatz. Ab Ende November 2015 verkehrte 3093 dann erstmals von heimatlichem Boden, dem Betriebshof Cicerostraße, aus. Dieser setzte den Wagen überwiegend auf der Linie M19 ein, so auch am 18. Dezember 2015.

An diesem Tag ereignete sich am U-Bahnhof Mehringdamm ein Auffahrunfall, bei dem 3093 auf den an der Endstelle stehenden Vordermann, Wagen 3393, auffuhr. Insbesondere der Zweiachsdoppeldecker wurde dabei so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass das Fahrzeug zur Instandsetzung zum Hersteller zurückkehren musste. Hierbei wurde gleich die Gelegenheit genutzt, kleine Umbauten am Fahrzeug vorzunehmen, deren Erfordernisse sich in den ersten Einsatzwochen gezeigt haben. Dies betraf unter anderem die Türtechnik und die Anordnung der USB-Schnittstellen. Diese waren zunächst im Bereich der Sitzaufnahmen angebracht. Seitens der BVG wurde allerdings darauf verwiesen, dass diese dort schnell verdrecken würden. Die USB-Schnittstellen wurden dann in den Bereich der Deckenverkleidung verlegt. Ab dem 10. März 2016 war der VDL-Doppeldecker dann wieder im Berliner Liniennetz unterwegs, wie auch schon zuvor überwiegend als M19er. Erst im Laufe der nächsten Monate konnte man den Bus auch in anderen Bereichen der Stadt sehen, Einsätze auf den Linien 101, 104, 186, 282, 285, X10, X83 und M82 waren so keine Seltenheit mehr. Auch war die Resonanz der BVG auf das Fahrzeug überwiegend positiv, seitens der Werkstätten lobte man die Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit des Busses.

Als im Dezember 2016 anlässlich einer Pressekonferenz zur Fahrzeugpolitik der BVG in den kommenden Jahren auch die Frage nach den Erfahrungen mit den beiden Zweiachsdoppeldeckern aufkam, fiel die Antwort der BVG hingegen eindeutig aus: Aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung in Berlin und den damit einhergehenden Fahrgastzahlen sei man zu der Erkenntnis gekommen, dass Zweiachsdoppeldecker aufgrund ihrer geringeren Kapazität keine Zukunft bei der BVG haben würden. Somit hat es von 2014 bis zum Jahr 2016 und der Indienststellung zweier Zweiachsdoppeldecker bedarf, seitens der BVG ein völliges Umdenken bei der Fahrzeugbeschaffungspolitik zu erreichen. Argumentierte man im Jahr 2014 noch mit dem Bedarf wendigerer Busse in den Außenbezirken (auf denen die beiden Zweiachsdoppeldecker aber nie ausgiebig erprobt wurden), wusste man Ende 2016 bereits um die Notwendigkeit von Fahrzeugen ausschließlich mit großer Fahrgastkapazität.

Auch wenn die beiden Zweiachsdoppeldecker 3094 und 3093 unter diesen Voraussetzungen Einzelstücke blieben, boten beide Fahrzeuge der BVG die Möglichkeit, neue Ansätze bei der Fahrgastraumgestaltung zu erproben.

Ab dem Herbst 2020 zeichnete sich ein baldiger Motorschaden am Fahrzeug ab, weshalb der Bus zu einer Fachwerkstatt überführt wurde. Da die Behebung dieses Schadens aufgrund des Exotenstatus des Busses als nicht wirtschaftlich angesehen wurde, ist 3093 im November 2020 aus dem Linienwagenbestand der BVG ausgeschieden und im Dezember 2020 amtlich abgemeldet worden.

Mit Stand Anfang 2023 steht der Bus noch immer auf einem Abstellgelände der BVG und wartet auf eine weitere Verwendung.

Text: C. Neuhaus, A. Heller
Stand Februar 2023


zuletzt aktualisiert 25.2.2023