MAN
SD 75 bei der BVG Es
liegen weitere Beschreibungen vor zum SD 200: Zeitgleich mit der Indienststellung der letzten Neufahrzeuge der Bauart SD 74 wurden von der BVG die ersten Fahrzeuge der Nachfolgeserie SD 75 amtlich zugelassen (Wagen 2646 - 2772). Die 127 Wagen dieser Serie wurden von den Berliner Aufbauherstellern Waggon Union (Wagen 2646 - 2705, 60 Wagen), Gaubschat (2706 - 2743, 38 Wagen) und Orenstein & Koppel (2744 - 2772, 29 Wagen) auf Basis von MAN-Fahrgestellen karossiert. Die außergewöhnlich hohe Anzahl von 127 Neufahrzeugen - es sollte die größte SD-200-Einzelserie bei der BVG bleiben - zeugt offensichtlich davon, dass sich die wenigen erst in Dienst der BVG stehenden Fahrzeuge der Bauart SD 200 bewährt hatten und seitens der BVG das Bestreben nach einer zügigen Modernisierung des Fuhrparks bestand. Wie auch die Vorgängerserie SD 74 waren die Wagen der Serie SD 75 mit einem MAN-D-2556-MXUH-Motor mit 192 PS und einem Voith-506-Diwabus-Getriebe mit zwei Fahrstufen (Anfahrgang und Dauergang) ausgestattet. Auch sonst entsprachen die Wagen dieser Serie in ihren Ausstattungsmerkmalen weitestgehend der Vorgängerserie. Zur besseren Verständlichkeit von Durchsagen ist lediglich die Anordnung der Lautsprecher geändert worden. Diese befanden sich bei den SD 74 im Oberdeck jeweils innen oberhalb der Front- und Heckscheibe, wogegen nun bei den SD 75 die Lautsprecher an einer Haltestange am Treppenabgang befestigt waren. Die von Orenstein & Koppel gefertigten Wagen 2744 - 2772 unterschieden sich vom Rest der Fahrzeugserie dadurch, dass die Motorklappe und weitere Wartungsklappen statt mit den sonst üblichen Scharnieren durch Gummilippen am Fahrzeug befestigt waren. Dieses Prinzip hatte bereits bei den Elektrofachklappen älterer SD 200 Verwendung gefunden und wurde als Schutz vor einem Wassereinbruch - die Elektrofachklappe betreffend - so bis zur letzten Fahrzeugserie SD 85 beibehalten. Offenbar sorgten das größere Gewicht der Motorklappe und die Wärmeentwicklung im Motorbereich aber dafür, dass diese Gummilippe spröde werden konnte und dann brach, weshalb man von dieser Art der Befestigung der Motorklappe wieder abkam und die Wagen 2744 - 2772 bei Bedarf mit Scharnieren nachrüstete. Die von Orenstein & Koppel gefertigten SD 200 der Baujahre bis 1976 waren aber auch später noch an den statt Scharnieren verwendeten Gummilippen an einigen weniger stark beanspruchten seitlichen Wartungsklappen erkennbar. Durch die bereits beschriebene Aufteilung und gleichzeitige Abarbeitung des Auftrags zur Fertigung der 127 Omnibusse auf drei verschiedene Aufbauhersteller konnten am 29. Mai 1975 als erste SD 75 die von der Waggon Union gefertigten Wagen 2648, 2651, 2652, die von Gaubschat gefertigten Wagen 2706 - 2709 sowie die von Orenstein & Koppel gefertigten Wagen 2744 - 2747 amtlich angemeldet werden. Schon am Folgetag erhielten die Wagen 2646, 2647, 2649, 2650, 2653, 2710 und 2748 die amtliche Zulassung, ehe ab Ende Juli 1975 weitere Neufahrzeuge zur Auslieferung an die BVG gelangten. Als letzte SD 75 kamen die Wagen 2703 bis 2705 in den Liniendienst. Die schon im Mai 1975 zugelassenen ersten Fahrzeuge der Serie SD 75 wurden zum Einsatz auf den prestigeträchtigen Innenstadtlinien 19 und 29 (heute M19 und M29) zunächst dem Betriebshof Cicerostraße zugewiesen. Nach vollständiger Indienststellung aller 127 Busse dieser Serie wurden einige der Wagen auf andere Betriebshöfe umverteilt, so dass Anfang 1976 die Fahrzeuge wie folgt auf die Betriebshöfe verteilt waren:
Bis auf wenige, nachfolgend aufgezählte Umsetzungsmaßnahmen wurde diese Verteilung der SD 75 auf die Betriebshöfe bis kurz vor deren Ausmusterung auch beibehalten: Die etwas chaotisch wirkende Verteilung der Autobusse rund um den Wagen 2719 bei einer ansonsten sehr "geordnet" erscheinenden Verteilung der Omnibusse auf die Betriebshöfe erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Wagen 2714 bis 2717 bei ihrer Indienststellung eine rote Ganzbemalung aufwiesen und mit der Beschriftung "Berlin-aktuell" mittels jeweils aufgeklebter Plakate für aktuelle Veranstaltungen in der Stadt warben. Einer Zuordnung aller vier zum "Zehlendorfer Nummernblock" 2711 - 2720 gehörenden Wagen stand der Wunsch entgegen, dass diese so genannten "Berlin-aktuell-Busse" (die in Form von DE-Bussen auch auf anderen Betriebshöfen vertreten waren) im gesamten Stadtgebiet präsent sein sollten. Der Wagen 2719 ist bereits bei Indienststellung als Fahrzeug für den Gelegenheitsverkehr mit einer damals noch nicht üblichen Plüschbestuhlung geliefert worden. Diese wurde später gegen Schalensitze ausgetauscht. Der für lange Zeit einzige auf dem Betriebshof Helmholtzstraße stationierte Wagen der neuen Bauart SD 200 gelangte somit nie in den Liniendienst und wurde nur für Sonderverkehre vorgehalten. Erst 1988 wurde der Wagen 2719 durch den Prototypen der Bauart SD 202, Wagen 3500, abgelöst. Wagen 2719 wurde fortan für die Verkehrserziehung von Grundschülern als so genannte Busschule verwendet und dafür zum Hof Cicerostraße umstationiert. Ebenfalls für den Einsatz im Gelegenheitsverkehr war auch der Wagen 2733 ab Werk mit einer besonderen Bestuhlung versehen, bei der mittig in die sonst üblichen Kunstledersitze (Sitzfläche und Rückenlehne) ein viereckiges Stück Plüschbezug eingelassen war. Im Gegensatz zu Wagen 2719 kam 2733 jedoch auch im regulären Liniendienst zum Einsatz. Mit der der fälligen Großreparatur des Wagens im August 1982 ist dieser besondere Sitzbezug jedoch entfernt und gegen die Standardbestuhlung getauscht worden. An Wagen 2680 ist die Verwendung der bei späteren Fahrzeugserien gängigen Mehrkammer-Rückleuten erprobt worden, weshalb dieser Bus nicht über die sonst bei Altbau-SD üblichen runden Einzelleuchten verfügte. Als erstem SD 75 war die bei BVG-Doppeldeckern damals übliche Großreparatur im Dezember 1980 an Wagen 2767 abgeschlossen; als letztes Fahrzeug der Serie gelangte der nur für den Gelegenheitsverkehr verwendete Wagen 2719 in die Aufarbeitung. Diese war an 2719 im Juli 1984 beendet. Nach etwas mehr als zehn Einsatzjahren schied der Wagen 2768 im Dezember 1985 als erster SD 75 aus dem BVG-Bestand aus. Dieser Bus war in der Reinickendorfer Titiseestraße in Folge von Glatteis mit einem entgegenkommenden Bus zusammengestoßen und dabei schwer beschädigt worden. Der Einsatz der SD 75 im Liniendienst endete mit der Abstellung der auf dem Betriebshof Britz beheimateten Wagen 2685, 2687, 2693 und 2700 am 31. März 1989. Im Februar 1988, und somit zu einem Zeitpunkt, an dem die baldige Abstellung der letzten im Einsatz befindlichen SD 75 absehbar war, wurden die Wagen 2666, 2695, 2724, 2729 und 2752 aus dem Liniendienst abgezogen und für eine Informationskampagne anlässlich der Einführung eines neuen Tarifsystems verwendet. Während der vom Betriebshof Usedomer Straße eingesetzte Sonderwagen 2752 unfallbedingt schon im Mai 1988 aus dem Bestand der BVG ausgeschieden war, wurden die verbliebenen vier Wagen in den Folgejahren für unterschiedliche Sonderaufgaben verwendet und kamen so zum Beispiel noch regelmäßig als Gepäckaufbewahrungsbusse in der Vorweihnachtszeit oder als mobile Kundenbüros zum Einsatz. Die Verwendung der vier Busse als Sonderfahrzeuge endete im Laufe des Jahres 1993 mit der Ausmusterung der Wagen. Als letzter SD 75 schied im September 1997 und somit im stolzen Alter von 22 Jahren der ehemalige Wagen 2719 aus dem Bestand der BVG aus. Der Bus war im Januar desselben Jahres noch in 2089 umgekennzeichnet worden, da für das Jahr 1997 der Zugang von 60 Neufahrzeugen der Bauart O 405 GN (Wagen 2699 - 2758) geplant war und der noch immer für die Verkehrserziehung verwendete Doppeldecker genau in diesen Nummernbereich fiel. Auch über 20 Jahre nach dem Ausscheiden der letzten SD 75 aus dem Liniendienst sind einige Fahrzeuge dieses Typs noch immer vorhanden. So kommt der Wagen 2666 im Serengetipark im niedersächsischen Hodenhagen als Rundfahrtbus zum Einsatz. Auch der Sonderling 2719 / 2089 existiert noch heute und findet (nach aufwändiger Aufarbeitung) für ein Jugendprojekt in Aachen Verwendung. Der Wagen 2651 verkehrte noch lange Zeit als Stadtrundfahrtbus in Hamburg und das einst als Berliner D2U-Außenstelle bekannte Reiseunternehmen Travellin' House Tours nannte bis zum Jahr 2005 noch den Wagen 2718 sein eigen. Den Verbleib des Wagen 2667 haben wir in der Mitgliederzeitschrift des Fördervereins der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus (FATB), Ausgabe November 2008 skizziert. Text: Christian
Neuhaus |
Auch im Jahr 1976 wurden aktuelle BVG-Busse auf der Deutschen Industrie-Ausstellung gezeigt. Wagen 2700 repräsentierte die SD 200.
Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors |
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Die Heckaufnahme läßt andere zeittypische Exponate erahnen.
Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors |
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Das "schwarze Schaf" in der Endstelle Hertzallee ist schnell ausgemacht: Wagen 2661 wirbt für Markenjeans.
Foto: C. Lau
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2675 wirbt ebenfalls für Mode. Damit sich schwarz lackierte Busse im Sommer nicht so stark aufheizen, mussten die Dächer - sofern sie in die Werbung einbezogen wurden - in weiß gehalten werden. Foto: E. Schulz |
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Von vorne bekommt der Betrachter einen üblichen SD 75 zu sehen, so wie Bernhard Hoff am 8. September 1977 auf dem Hof Cicerostraße, während die Heckansicht seine Besonderheit zeigt... Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors |
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Sehr gewöhnungsbedürftig (höfliche Umschreibung für häßlich) und glücklicherweise kein zweites Mal erprobt: die Dreikammerrückleuchten an Wagen 2680. Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors |
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Als man den alten Dorfkern Mariendorfs noch beidseitig in beide Richtungen umfahren durfte, nutzte der Fahrer des Wagens 2684 die Pause, sich kurz die Beine zu vertreten. Foto: R. Messer
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Foto: E. Schulz
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… denn die später in Form von so genannten Kulturbussen (siehe SD 85) oder Traffic-Boards wieder aufgegriffene Idee von wechselnder Kurzzeitwerbung an Doppeldeckern gab es schon in den Siebzigern. Foto: R. Messer
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Dem Betrachter des Bilds erschließt sich hier auch die Namenswahl der Vereinszeitschrift des Fördervereins der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus (FATB). Foto:
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Der Sonderwagen 2719 schaut mal am Zoo bei seinen Brüdern aus dem Liniendienst vorbei. Foto:
E. Schulz
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Ruhiges Bus-Rentner-Leben: Die Sonderwagen 2729 und 2719 vertrödeln den Tag mit Warten auf dem Betriebshof.
Foto:
E. Schulz
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Aus 2719 musste 2089 werden, da im Jahr 1996 die Wagennummer 2719 von einem Mercedes-Benz O 405 GN beansprucht wurde. Foto: R. Messer
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