MAN E (SL 202)
(Standard-II-Eindecker)

Nur eine Randerscheinung im BVG-Fuhrpark bildeten Fahrzeuge der MAN-Bauart SL 202. Obwohl die BVG seit Übernahme der Firma Büssing durch MAN auch regelmäßig Eindecker dieses Herstellers orderte, hielten SL 202 erst sehr spät und auch nur in geringer Stückzahl Einzug in den Fuhrpark. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass mit Indienststellung der zweiten Kleinserie von Standard-II-Eindeckern aus dem Hause Daimler-Benz im Jahr 1988 (Typ DB E, Wagennummern 2016 - 2045) diese schon wieder technisch veraltet war, gelangten doch im selben Jahr auch sieben Niederflurbusse aus dem Hause Neoplan in den Linieneinsatz (Wagennummern 2054 - 2060). Die Anschaffung weiterer hochfluriger Fahrzeuge in großen Stückzahlen, die eine wie früher übliche Aufteilung eines Lieferauftrages in Daimler-Benz- und MAN-Busse - und somit von SL 202 - zur Folge gehabt haben könnte, kam somit nicht zu Stande.

Trotzdem fanden im Mai 1991 mit der Nummer 2455 und im August 1992 mit den Nummern 2073 - 2075 insgesamt vier Busse der Bauart SL 202 den Weg nach Berlin, wobei alle Wagen im Rahmen eines Forschungsprojekts »Antriebskonzept 1990« des damaligen Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) als Versuchsfahrzeuge für neue Antriebstechnologien angeschafft und dem Betriebshof Zehlendorf zugewiesen wurden.
Dabei verfügte der Wagen 2455 über einen Antrieb mit zwei VW-LT-Kleinbusmotoren, die sich in einen »Grundlastmotor« und einen »Spitzenlastmotor« teilten. Ein Zuschalten des zweiten Motors erfolgte bei diesem Bus nur bei einer hohen Lastanforderung. Lag keine Lastanforderung vor (zum Beispiel an Ampeln, Haltestellen oder abschüssiger Strecke), schaltete sich auch der Grundmotor ab, womit der Bus in den sogenannten »Segelbetrieb« überging. Von diesem Antriebskonzept versprach man sich dauerhafte Einsparungen bei den Kraftstoffkosten und eine Senkung der Schadstoff-Emissionen.
Eine weitere Besonderheit bestand in den beiden Getrieben des Busses 2455. Es handelte sich hierbei um normale Schaltgetriebe, die rechnergesteuert geschaltet wurden und daher in der Bedienung einem Automatikgetriebe gleich kamen. Während der Versuchsphase kam der Bus aufgrund des Streckenverlaufs auf der damaligen Linie 3 (später Linie 211) zum Einsatz.

Nach Abschluss des Versuchsvorhabens mit Wagen 2455 im Herbst 1993 wurde dieser zunächst stillgelegt und später in der BVG-Hauptwerkstatt zum »Fun-Mobil« umgebaut. Der Bus wurde an der Ausstiegtür mit einem Hublift für Rollstuhlfahrer versehen, erhielt ein Schiebeverdeck, Standardantriebstechnik und stand seitdem Mobilitätsgeschädigten und ihren Begleitern zur Anmietung für Ausflugsfahrten zur Verfügung. Nach der Ausmusterung bei der BVG wurde der Bus im Jahr 2010 durch die Firma Dr. Richard Herrmann erworben, die nun ihrerseits den Bus - zwar unter der neuen Zulassung B-HR 8883 aber gleicher Verwendung anbietet.

Die Wagen 2073 - 2075 waren mit einem stufenlosen Getriebe der Firma Voith ausgestattet und gelangten nach Indienststellung im Rahmen eines Forschungsvorhabens zu dieser Antriebstechnik auf der Linie 283 zum Einsatz. Nach Projektabschluss im Winter 1994 erhielten die drei Busse ein konventionelles Voith-D851-Getriebe und wurden nun freizügig im Einzugsbereich des Betriebshofes Zehlendorf eingesetzt. Die Wagen waren zeitlebens diesem Betriebshof zugewiesen, wurden jedoch aufgrund der Indienststellung von Neufahrzeugen im Winter 2002 kurzzeitig an den Betriebshof Müllerstraße verliehen, um im Februar 2003 schließlich ganz aus dem Fuhrparkbestand auszuscheiden.

 

 

Text: Mario Lange und Christian Neuhaus

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Eine frühe Form des Downsizing wurde in Wagen 2455 erprobt, der statt des üblichen 11-Liter-Sechszylinders über zwei kleine Motoren, die eigentlich für Lieferwagen gedacht waren, verfügte.

Foto: Archiv C. Neuhaus

SL

Ein Exot blieb der Bus weiterhin: zwar auf einen koventionellen Antriebsstrang umgerüstet, aber mit einem Hublift versehen, konnte der Bus von Rollstuhlfahrergruppen benutzt werden.

Foto: C. Neuhaus

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Zeit ihres Lebens waren die MAN SL 202 im Süden der Stadt heimisch. Am U-Bahnhof Turmstraße war der nördliche Rand ihres langjährigen Einsatzgebiets, wo 2075 auf die Rückfahrt nach Lankwitz wartet.

Foto: C. Neuhaus

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Von den Volvo 7000 wurden die drei SL 202 verdrängt, um sich für wenige Wochen noch im Norden Berlins tummeln zu dürfen. Die Wagen wurden an den Betriebshof Müllerstraße verliehen, der 2073 hier auf der Linie 122 einsetzte.

Foto: C. Neuhaus

zuletzt aktualisiert 25.1.2013 | Ulf Bergmann