Wagen 1807 (SL 638)
DB E 87 (Daimler-Benz O405)
Wagen 638 des Stadtverkehr Lübeck (vormals Stadtwerke Lübeck), in Berlin besser bekannt als Wagen 1807 der BVG, entstammt einer Serie von insgesamt 47 Wagen des Typs Daimler-Benz O405. Schon lange war Daimler-Benz der Hauslieferant der Stadtwerke Lübeck, und so fand auch der Typ O405 den Weg in die Marzipanstadt. Wagen 638 war einer dieser Busse (Wagen 600 – 646), die von 1984 bis 1988 in den Fuhrpark aufgenommen wurden. Nachdem 1984 zunächst der erste Bus aus der Serienproduktion überhaupt in Dienst gestellt wurde (Wagen 600), um Erfahrungen mit diesem Fahrzeugtyp zu sammeln, beschaffte man in den Folgejahren größere Serien (1985: Wagen 601 – 616, 1986: Wagen 617 – 624, 1987: Wagen 625 – 632 und 1988: Wagen 633 – 646).
Wagen 638 selbst wurde am 22. Januar 1988 erstzugelassen und gelangte kurz danach in den Liniendienst der Stadtwerke Lübeck. Er trug die damals übliche elfenbeinfarbene Lackierung mit dem charakteristischen Doppeladler an der Front. Zunächst war er längere Zeit ohne Außenwerbung unterwegs, bevor er im Sommer 1988 eine lackierte Ganzflächenwerbung für die Firma „Ihde Bäder + Küchen“ mit der Grundfarbe weiß erhielt. 1994 bekam 638 eine neue Version der Ihde-Reklame, ebenfalls mit der Grundfarbe weiß, mit der er bis zu seiner Ausmusterung in Lübeck unterwegs war.
Äußerlich fielen im Laufe seiner Einsatzjahre zwei weitere Änderungen ins Auge, und zwar 1994 die Umlackierung in die damals neuen Hausfarben der Stadtwerke Lübeck. Als Fahrzeug mit Ganzflächenwerbung betraf dies bei 638 nur die Front, die sich fortan in weißgrau mit blauen Absatzstreifen zeigte. Eine weitere Änderung war 1997 die Umrüstung des Wagens auf Matrixanzeigen; bis dahin besaß er noch Rollbänder für die Linien- und Zielanzeige.
In Bezug auf seine Einsätze gibt es keine Besonderheiten zu vermelden. 638 gelangte auf allen Linien der Stadtwerke Lübeck zum Einsatz, wobei sich Dienste auf Linien, die mit Gelenkbussen betrieben wurden, normalerweise auf Schwachlastzeiten, insbesondere den Abendverkehr beschränkten. Mit den Fahrplanwechseln 1995 und 1996, jeweils zum Sommer, reduzierte sich sein Wirkungskreis etwas, weil die Bereiche Kücknitz, Roter Hahn und Dänischburg fortan von der Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft (LVG) bedient wurden. Zum 1. Oktober 2000 änderte sich das Eigentumsmerkmal des Busses, da der Bereich Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Lübeck nun als Stadtverkehr Lübeck firmierte.
Im Frühjahr 2001 beschaffte der Stadtverkehr Lübeck eine größere Anzahl von Neufahrzeugen, um den Linienbetrieb weitestgehend auf Niederflurbusse umzustellen. Von der darauf folgenden Ausmusterungswelle war auch 638 betroffen, der im Mai 2001 seine letzten Linienfahrten in Lübeck absolvierte. Am 5. Juni 2001 wurde der Wagen als Teil eines Paketes von insgesamt 25 Fahrzeugen an die BVG nach Berlin verkauft. Hier erhielten die Fahrzeuge des Typs O405 die Typenbezeichnung DB E und die Nummern 1801 – 1817, wobei 638 als Wagen 1807 eingereiht wurde. Gleichzeitig erwarb die BVG vom Stadtverkehr Lübeck acht Gelenkzüge des Typs O405G, die als Wagen 2801 – 2808 in den Fuhrpark eingereiht wurden unter der Typenbezeichnung DB G.
Formell war der Bus beim Buspool des Hofs Indira-Gandhi-Straße beheimatet; tatsächlich gelangte der Bus bereits ab Juni 2001 noch in der Lübecker Farbgebung samt Werbung zunächst im Schülerverkehr vom Hof Cicerostraße aus in den Einsatz. Nach Ausrüstung mit Funk, Kassenausstattung und der üblichen ANNAX-Zielanzeige rollte der Wagen vom Hof Spandau aus. Bis zum Oktober 2001 erfolgte die Umlackierung ins BVG-Farbschema.
Bereits im Januar 2003 und damit nur kurze Zeit nach der Inbetriebnahme der Volvo und Mercedes-Benz EN02 wurde 1807 mit den anderen gebraucht gekauften Lübecker O405 abgestellt und weiterverkauft. Er fand ein neues Zuhause bei der Firma Vietmeier in Emsdetten, wo er mit dem Kennzeichen ST-VJ 327 noch bis ins Frühjahr 2012 in der Berliner Farbgebung im Linien- und Schülerverkehr eingesetzt wurde.
Im Sommer 2012 entdeckte ein Lübecker Busfreund den ehemaligen 638 im Internetangebot eines Hamburger Nutzfahrzeughändlers. Am 13. August 2012 kaufte er den Wagen nach eingehender Begutachtung mit dem Ziel eines musealen, nach Möglichkeit betriebsfähigen Erhalts. Er überführte den betriebsbereiten Bus zunächst nach Lübeck und später nach Berlin, wo er nun im Eigentum gemeinsam mit drei ATB-Gesellschaftern bei der AG Traditionsbus Berlin untergebracht ist. Mit diesem Bus wird neben den LVG-Doppeldeckern ein weiterer Lübecker Bus in Berlin aufbewahrt, der im Gegensatz zu diesen aber auch eine zeitlang bei der BVG im Einsatz stand.
Im Mai 2014 wurde der Wagen zur Beseitigung von Korrosionsschäden nach Güstrow zur Firma Omsa überführt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Bus in seine ursprüngliche Lübecker Farbgebung zurücklackiert und kehrte im Juli 2014 im Ablieferungszustand zurück nach Berlin. Eine Grundreinigung des Innenraums, Neulackierung der Sitzgestelle, Anbringen der Zierleisten außen sowie die Umrüstung auf Rollbandbeschilderung werden noch in Eigenleistung durchgeführt.
Text: Thomas Saager
zuletzt geändert: 6.2.2015