Wagen 2396 (Büssing DE 71) 

Das Fahrzeug zählt ebenso wie die ATB-Wagen 2329 und 2390 zu der Bauserie DE 71, entstammt jedoch dem zweiten Lieferlos, welches von der Spandauer Firma Orenstein & Koppel (O&K) gebaut wurde. Die Indienststellung erfolgte am 20. Januar 1972 mit der amtlichen Anmeldung und Zuteilung zum Betriebshof Müllerstraße.

 

Verkehrte der Bus anfangs noch ohne Werbung, so kam ihm im Sommer 1972 eine besondere Ehre zuteil: Gemeinsam mit dem Wagen 2395 zählte das Fahrzeug zu den ersten Wagen der Baureihe DE, welche mit einer Popwerbung versehen worden sind. Am 25. Juli 1972 erhielt 2396 eine Popwerbung für die Zeitung „Der Abend“. Die Großreparatur durchlief der Bus zwischen dem 14. Juni und 18. Juli 1978 (Neulackierung am 7. Juli 1978), dabei wurde auch die Popwerbung gelöscht. Zunächst verkehrte der Bus noch ohne eine neue Werbebeschriftung durch die nördlichen Stadtbezirke, ab dem 22.Dezember 1978 wurde das Tegeler Unternehmen Anderle Möbelhaus in der 1.Version beworben. Diese Werbung blieb bis zur Abstellung erhalten.

 

Wie bei allen anderen Fahrzeugen der Bauserie DE 71 und einem Teil der Serie DE 72 wurde auch dieser Bus erst nachträglich im Jahr 1973 mit einer Zusatzheizung ausgerüstet, was am Fortfall des auf der Front befindlichen BVG-Wappens und Ersatz dieses durch ein Lüftungsgitter zu erkennen war.

 

Anfang der 1970er-Jahre überlegte man bei der BVG, ob die Fahrkartenentwertung mittels automatischen Entwertern, wie es sie auch schon im U-Bahnbereich gab, auch in Bussen durchgeführt werden kann und ob damit der Fahrgastwechsel beschleunigt werden konnte. Hierfür wurden einzelne Linien ausgewählt, die dann vorrangig von Fahrzeugen mit Entwertern bedient wurden. Eine dieser Linien war die damalige Autobuslinie 16, die von der Osloer Straße Ecke Drontheimer Straße im Bezirk Wedding zum Breitenbachplatz im Bezirk Zehlendorf verkehrte und aufgrund ihrer Linienführung relativ stark von wechselnden Fahrgastströmen geprägt war. Diese Linie wurde auch mit Wagen vom Betriebshof Müllerstraße bedient, so dass auch Wagen 2396 – spätestens seit Juni 1972 mit zwei Fahrscheinentwertern ausgerüstet - vorrangig auf dieser Linie eingesetzt wurde.

 

Zur Beseitigung von Unfallschäden bzw. größeren Instandsetzungen war der Bus vom im Frühjahr 1979, im Sommer 1982 und nochmals im Frühjahr 1983 zu Gast in der HwA. Wahrscheinlich ist bei einem dieser Aufenthalte oder im Zuge der Großreparatur  auch bei diesem Fahrzeug die Spiegelkonstruktion im Oberdeck und der sogenannte „Nachöler“ eingebaut worden.

 

Der Bus hätte eigentlich verdient, wenn er seinen Abschied aus dem Verkehrsleben auch auf dem Betriebshof begangen hätte, auf dem er seit der Indienststellung beheimatet war. Doch kurz vor Ausmusterung im Mai 1984 wurde 2396 noch zum Betriebshof Usedomer Straße umgesetzt, wo der Bus schließlich mit Wirkung vom 21. Dezember 1984 auch ausgemustert wurde. Zunächst wurde 2396 wie viele andere Fahrzeuge auch im ehemaligen Straßenbahnbetriebshof Charlottenburg hinterstellt. Vielleicht würde sich ja Interessent für den Wagen finden.

 

Es dauerte trotzdem ziemlich lange, bis sich im Dezember 1985 die Firma Vibra-Ram im saarländischen Zweibrücken für den Wagen begeisterte, um ihn als Werbefahrzeug einzusetzen. Nach weiteren sieben Jahren als Werbewagen erfolgte der Weiterverkauf an die Firma MB Schornstein- und Betonabbruch im bayerischen Memmingen. Von dort wurde 2396 noch bis August 1994 als Werbewagen eingesetzt. Danach wurde der Bus ohne amtliche Zulassung abgestellt und dann fahrfähig im Jahr 2003 an die Firma Hebebühnen-Müller, ebenfalls in Memmingen, abgegeben. Zunächst wurde er bis 2007 als Schiedsrichterraum an einem Memminger Fußballplatz genutzt, ab 2008 erneut als Werbewagen, nun jedoch ohne feste Zulassung.

 

Am 24. August 2010 erreichte der Bus auf einem Tieflader wieder ehemals heimischen Boden. Er ist zwar fahrbereit, doch der Zustand des Aufbaus schließt einen Wiederaufbau aus, womit 2396 nur das Schicksal als technischer Teilespender ereilte. Ein Los, welches er mit den Wagen 2332 und 2549 teilt. Im Laufe des Jahres 2018 wurde der Bus ausgeschlachtet und verschrottet.

 

Tabellarische Zusammenstellung der Werbungen:

20.01.1972 – 24.07.1972                ohne
25.07.1972 – 14.06.1978                Der Abend Zeitung, Totalwerbung Version 1
15.06.1978 – 21.12.1978                ohne
22.12.1978 – 21.12.1984                Anderle Möbelhaus, Version 1

 

 

Text: Christian Winck

Stand: Januar 2019

 

 

Büssing DE 71

Mit einer der ersten Pop-Werbungen, die ein DE-Bus erhielt, posiert 2396 am 23. Mai 1973 am Oranienplatz. Das BVG-Logo wich später dem Einlaß der Zusatzheizung.

Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors

Büssing DE 71

Die Dammseite zeigt die zeittypisch fragwürdige Farbkombination noch besser.

Foto: B. Hoff, Bearbeitung A. Spors

Büssing DE 71

Nunmehr mit Zusatzheizung ausgerüstet präsentiert sich 2396 auf dem Betriebshof Müllerstraße.

Foto: Archiv Woschczytzky

Büssing DE 71

In den Siebzigerjahren pausierten Busse, die in Tegel endeten, auf der Karolinenstraße. Die Gärtnerei im Bildhintergrund musste später dem heute bekannten Aufstellplatz "An der Mühle" weichen.

Foto: Archiv Woschczytzky

Büssing DE 71

Eine Fahrt über die AVUS steht beim Einsatz auf der Linie 66 nach Stölpchensee an.

Foto: E. Schulz

Büssing DE 71

Und noch einmal die volle Breitseite: die Gestaltung von Pop-Werbungen bediente sich in den Siebzigern heutzutage geschmacklich nicht mehr statthafter Farbkombinationen.

Foto: E. Schulz

Büssing DE 71

Als Einsetzer auf der Linie 12 wartet 2396 im Juni 1984 auf die kurze Fahrt vom Leopoldplatz zum Paracelsusbad.

Foto: Archiv Woschczytzky

Büssing DE 71

Im August 1984 entstand die Aufnahme am östlichen Ende der Linie 89 am Grenzübergang an der Bösebrücke. Anstelle des Autobusses fährt hier nun wieder die Straßenbahn.

Foto: Archiv Winck

Büssing DE 71

Knapp ein Jahr nach der Abstellung harrt 2396 mit einigen Artgenossen auf dem Hof Char der Dinge. Für die meisten DE folgte nur noch die Fahrt zum Schrottplatz, doch dieser Bus entging diesem Schicksal und wurde verkauft.

Foto: Archiv Winck

 

 

zuletzt aktualisiert 20.2.2012 | Ulf Bergmann