Wagen 3500
MAN D 80

Nachdem Ende der Sechzigerjahre mit dem VÖV-Standardbus erstmals eine Vereinheitlichung von Fahrzeugtypen vorgenommen worden ist, setzten etwa ein Jahrzehnt später bereits die Bestrebungen ein, den optisch veralteten, so genannten Standard-I-Fahrzeugen, modernere einheitliche Busse folgen zu lassen. Folgerichtig entwickelten die Hersteller zu den damals gängigen Eindecker- und Gelenkbussen optisch und technisch verbesserte Pendants. Wohl aufgrund des sehr begrenzten Marktes für Stadtbus-Doppeldecker dauerte es bis zum Jahr 1982, bis die Firma MAN mit dem D 80 eine Weiterentwicklung des SD (Standard-Doppeldecker) präsentieren konnte. Wie auch seine technisch älteren Brüder, die SD 200 ab Baujahr 1981, wurde auch Wagen 3500 von dem einzig verbliebenen Berliner Aufbauhersteller, der Waggon Union, karossiert.

Nach Übergabe des SD 202-Prototypen an die BVG wurde Wagen 3500 am 11. Mai 1982 amtlich zugelassen und bereits am Folgetag der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Berliner Ausgabe der Bild-Zeitung schrieb am 13. Mai 1982 dazu: »Neuer BVG-Bus: Größer, leiser und für jeden Schalensitze« und lobt im Artikel das elegante Aussehen des Busses, die harmonische Lackierung in weiss, gelb und braun sowie die Innenraumgestaltung, die mit ihren »leopardenfarbenen Schalensitzen in goldgelb« an einen »Riesen-Porsche« erinnere.

Die für den Fahrgast in diesem Bustyp umgesetzten Verbesserungen, nämlich größere Fensterflächen sowie der Wegfall von Stufen im Ein- und Ausstiegsbereich, wurden im Bericht natürlich auch nicht verschwiegen.

Aber auch technisch betrat man mit Wagen 3500 Neuland. Als erster und bislang einziger Doppeldecker bei der BVG wurde der Prototyp mit einem ZF-Getriebe ausgestattet (Typ ZF F4 HP 500). Auch erforderte die völlige Neukonstruktion des Aufbaus aus Platzgründen die Änderung der Anordnung der Einspritzanlage am Motor (Typenbezeichnung MAN D2566 MUN), womit 3500 zeitlebens nicht nur in Bezug auf die Innenraumgestaltung sondern auch technisch ein Unikat blieb.

Ein Original-Prospekt des Herstellers können Sie hier downloaden (PDF-Dokument, 1,4 MByte).

Bei Indienststellung wurde der Bus dem Betriebshof Helmholtzstraße zugewiesen, der erste Einsatz erfolgte am 02.12.1982. Um den damals futuristischen Bus auch im Rest der Stadt bekannt zu machen, ist das Fahrzeug zeitweilig auch an andere Höfe verliehen worden. Noch im Dezember 1982 wurde 3500 zum Betriebshof Cicerostraße umgesetzt, kehrte aber bereits im Sommer 1984 wieder zum Betriebshof Helmholtzstraße zurück.

Anfang 1988 und somit nach nicht einmal sechs Jahren Liniendienst musste 3500 den Tribut für seinen technischen Exotenstatus zollen: Der Bus wurde aus dem Liniendienst abgezogen, um die Nachfolge des bislang für den Sonderverkehr vorgehaltenen Wagens 2719 (SD 75) anzutreten. Dabei wurde bei 3500 im Einstiegsbereich ein fester Platz für einen Reisebegleiter eingebaut und die Fahrzielanzeige von außen mit einem Aufkleber »Sonderfahrt« überklebt. Außen und innen war der Bus optisch weitestgehend jedoch unverändert geblieben.

Die änderte sich erst im Sommer 1995, als mit der bei der BVG neu gegründeten Sparte »Charter und Touristik« einige Fahrzeuge für den Stadtrundfahrtverkehr umgebaut und einheitlich rot lackiert worden sind. Für 3500 - nun als »Der große Rote« bezeichnet - war dabei zunächst der Einsatz als regelmäßig verkehrender Ausflugsbus zwischen dem Zoologischen Garten und dem Filmpark Babelsberg vorgesehen. Mangels Nachfrage wurde dieses Angebot jedoch recht schnell wieder eingestellt und 3500 kam wieder in seiner alten Funktion als Sonderfahrzeug für den Mietverkehr zum Einsatz.

Im Januar 2003 und somit im Alter von nunmehr 21 Jahren - wovon der Bus lediglich sechs Jahre im Liniendienst war - schied Wagen 3500 aus dem Fahrzeugbestand der BVG aus und wurde an ein Stadtrundfahrtunternehmen in Antwerpen verkauft, wo der Bus noch heute als Reservebus für den Stadtrundfahrtverkehr im Einsatz ist.

Text: Christian Neuhaus

1982 stand 3500 taufrisch auf dem Betriebshof Spandau und wartet auf einen seiner ersten Einsätze.

Fotograf leider unbekannt.

Auf diesem Heckfoto sind die nur beim ersten Prototypen vorhandenen Pfeilblinker gut zu sehen. Sie wurden jedoch später gegen rechteckige Standard-Blinker ersetzt.

Optische Abwertung leicht gemacht: man nehme einen Eimer roter Farbe...

Fotografiert von C. Neuhaus am 18.11.1995 auf dem Betriebshof Helmholtzstraße.

Nur für den Karneval 2002 erhielt 3500 eine Totalwerbung für »Tussamag«-Hustensaft.

Foto: C. Neuhaus, 10.02.2002

Im letzten Einsatzzustand zeigt sich 3500 auf dem Betriebshof Zehlendorf in der »Kummerecke« im April 2002.

Foto: C. Neuhaus

Text: Christian Neuhaus
Stand: 02.03.2007