Büssing E2H 71 (Büssing BS 110 SL)
(Eindecker mit 2 Achsen und Heckmotor)

Wagen 2000 - 1941

Es liegt ein Aufsatz zu einem Büssing E2H 71 vor: 1957

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Die – rückwärts von 2000 bis 1941 – numerierte Serie Büssing E2H 71 (Herstellerbezeichnung BS 110 SL) war die erste Standardbus-Baureihe der BVG und gleichzeitig auch die erste größere Lieferung von VÖV-Standardbussen mit StÜLB-Front überhaupt. Bei dieser Bauart waren die Flächen der Windschutzscheiben plan, während die Seiten um die Fahrzeugecken gezogen waren. Für Stadtbusse waren horizontal gewölbte Frontscheiben vorgesehen, während die StÜLB-Front eigentlich für den Standard-Überlandbus vorgesehen war, der aber erst ein Jahr nach den Bü E2H 71 eingeführt wurde.

Erstmals war der Motor im Heck liegend unter dem Wagenboden eingebaut, übrigens unter Verwendung von Motorteilen  aus zuvor abgestellten Büssing D2U-Fahrzeugen, jetzt als Heckversion U10H. Die Verbindung zur Antriebsachse stellte ein zweistufiges Automatikgetriebe vom Typ Voith DIWA 506 (Wagen 2000 - 1961: DIWA 501) her. Als Besonderheit verfügte die Baureihe E2H 71 über eine sogenannte “Schwingachse” vorn, die nichts anderes als eine Einzelradaufhängung mit zwei Dreieckquerlenkern pro Seite war. Wie auch alle zuvor durch die BVG beschafften Busse wurden nachfolgende Linienbusse über viele Jahre mit Starrachsen ausgerüstet, die zwar weniger Komfort bieten, dafür aber wesentlich wartungsärmer und reparaturfreundlicher sind.

Die Busse waren im Gegensatz zu den früheren Serien von vorneherein als Einmannwagen konzipiert, so dass die Fahrgäste beim Fahrer einstiegen und an der Tür in der Wagenmitte das Fahrzeug wieder verließen. Im Innenraum warteten 37 mit grünem Kunstleder bezogene Sitz- und 71 Stehplätze auf den Fahrgast. Die nur bei der Baureihe 1971 vorhandene Glühlampenbeleuchtung mit so genannten “Rundschwingleuchten” (runde Lampenkörper, in denen die Glühlampenbefestigung zur Verlängerung der Lebenszeit der Lampe schwingend aufgehängt ist) an der Decke wurde in den beiden Nachfolgereihen von einer Beleuchtung mit Leuchtstoffröhren abgelöst.

Die Indienststellung der Büssing E2H 71 begann mit der amtlichen Zulassung der Wagen 2000 – 1991 Ende Oktober 1971 und endete mit dem Zugang der Wagen 1951, 1948, 1946 und 1944 Mitte Februar 1972. Nachdem die Fahrzeuge seitens der BVG noch mit einem Zahltisch und Betriebsfunk ausgestattet worden waren, kamen die Busse anfangs von den Betriebshöfen Cicerostraße (1955 – 1941), Lichterfelde (2000 – 1991), Helmholtzstraße (1967 – 1956) und Spandau (1990 – 1968) aus zum Einsatz.

Neben den bereits oben beschriebenen baulichen Unterschieden innerhalb der Fahrzeugserie waren die noch im Jahr 1971 amtlich angemeldeten Wagen 2000 – 1966 bereits ab Werk mit einer Webasto-Zusatzheizung ausgestattet; die Nachrüstung der restlichen Wagen der Serie erfolgte erst während der Einsatzzeit.

Es war naheliegend, dass eine der jüngsten Fahrzeugserien der damaligen Zeit auch für die Erprobung technischer Neuerungen herangezogen worden ist. So waren es Wagen der Baureihe E2H 71, die als erste BVG-Busse überhaupt mit Entwertern ausgerüstet worden sind und auf der damaligen Linie 68 (heute Teile der Linien 170 und 246), die zugleich ihr erstes Betätigungsfeld wurde, zum Einsatz kamen.

Mindestens seit Ende 1974, vermutlich seit der Eröffnung des neuen Abfertigungsgebäudes am Flughafen Tegel, waren zudem die Wagen 1965 und 1964 für den Einsatz auf der am Flughafen Tegel endenden Linie 9 (heute 109) mit Gepäckablagen versehen im Einsatz.

Ab Oktober 1977 kam der Wagen 1960 für die Dauer eines Jahres als mobiler Fahrscheinverkaufsstand bei Großveranstaltungen vor dem U-Bahnhof Olympiastadion zum Einsatz. Der Bus erhielt dafür Schalterfenster, durch welche der Verkauf abgewickelt werden konnte. Für die Dauer dieses Sondereinsatzes war der Wagen dem Betriebshof Spandau zugewiesen.

Die Ausmusterung der Serie Bü E2H 71 begann im April 1978 mit der unfallbedingten Abmeldung des Wagens 1963 und war mit der Außerdienststellung des Wagens 1959 am 30 Dezember 1981 abgeschlossen. Erwähnenswert hierbei ist noch, dass die Wagen 1945, 1946 und 1948 in der Zeit von Juli bis Oktober 1980 als Betriebsreserve abgestellt und amtlich abgemeldet waren.

Eine weitere Sondernutzung nach dem Ausscheiden aus dem Liniendienst erfuhren die Wagen 1947 und 1987. Während letzterer die Nachfolge des zuvor als sogenannten „Bastelbus“ (also Übungs- und Schulungsobjekt für angehende Führerscheinbewerber) verwendeten Wagens 231 auf dem Betriebshof in der Müllerstraße antrat, diente ersterer während der Umbauarbeiten des Betriebshofes Lichterfelde im Jahr 1977 als provisorische Schilderkammer.

Leider waren die Busse dieser Baureihe wie viele frühe Standardbusse durch starken Rostbefall gekennzeichnet, weshalb einige Exemplare bereits nach acht Jahren verschrottet wurden. Dennoch wurde der größte Teil der Fahrzeuge weiterverkauft, aber nur zwei haben bis heute überlebt: Wagen 2000 steht in der Nahverkehrssammlung (Monumentenhalle) des Deutschen Technikmuseums (DTM), war bereits bei seiner Ausmusterung von der BVG als Museumsfahrzeug vorgesehen und ist dann optisch wieder aufgearbeitet worden. Wagen 1957 ist im Bestand der AG Traditionsbus Berlin, wurde im Jahr 1999 wagenbaulich saniert, anschließend technisch aufgearbeitet und ist seitdem einsatzfähig.

Quelle: eigene Aufzeichnungen und Berliner Verkehrsblätter #353, 30. Jahrgang, Seiten 239 ff

 

Text: Björn Draegert und C. Neuhaus

Stand: Juli 2013

 

 

Büssing E2H 71

Mit einer durchaus sehr guten Auslastung beginnt 1956 am Hardenbergplatz seine Fahrt entlang der Kantstraße und Heerstraße nach Spandau.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

Am Kurt-Schumacher-Platz pausiert 1960 zwischen zwei Fahrten auf der Linie 62. Als Einsetzer hat der Bus nur den nördlichen Abschnitt der Linie zu bedienen, um das Märkische Viertel an die U-Bahnlinie 6 anzuschließen.

Auf einer Schaffnerlinie wie dem 62er konnte der Fahrer eines Einwannwagens nur den Fahrplan halten, wenn er keine Fahrscheine verkaufen musste. Das Schild "Nur Sichtkarten" weist auf diesen Umstand hin. Solche Einsätze erfolgten in der Regel nur im Berufsverkehr.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

Die frühen VÖV-I-Wagen waren berüchtigt für ihre Korrosionsanfälligkeit. Kleinere Roststellen zeigt 1978 auf diesem Bild, das den Wagen auf einer der ersten typischen E2H-Linien zeigt.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

In der Heckansicht lichtete Andreas Spors den Bus 1979 beim Fahrgastwechsel auf Wiesbadener Straße am U-Bahnhof Rüdesheimer Platz ab. Nahezu alle Büssing/MAN-E2H erhielten verblechte Heckecken und waren daran von den Daimler-Benz-Pendants von weitem zu unterscheiden.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

Im Ersatzverkehr für die Hochbahn wurde Wagen 1992 hier angetroffen. Passend zu den modernen Bussen präsentiert der anwesende Verkehrsmeister seinem Kollegen ein modernes Kommunikationsgerät.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

Farbenfroh fielen die Reklamen in den Siebzigerjahren aus, was gerade angesichts des Zeitgeschmacks bei einem Einrichtungshaus nicht verwundern dürfte.

Foto: A. Spors

Büssing E2H 71

Dort, wo heute das Tor zur „guten Stube Berlins“ in Form des Potsdamer Platzes ist, befand sich Mitte der Siebzigerjahre nur Ödland. Einziger Lichtblick in dieser Brache ist der Wagen 1975, der gleich seine Fahrt in Richtung Lankwitz fortsetzen wird.

Foto: E. Schulz

 

 

zuletzt aktualisiert 20.7.2013