Wagen 1638

Büssing DF

Der Bus 1638 gehört zur nur 23 Fahrzeuge umfassenden Serie Büssing DF 64. Diese Serie unterschied sich baulich von der Vorserie DF 63 (sechs Busse 1630-1635) nur durch den Fortfall der Lüftungsschlitze oben und unten in der Außenbeblechung am Heck.

1638 wurde, wie alle Busse des Typs DF, bei der Berliner Firma Gaubschat-Fahrzeugwerke in Berlin-Neukölln gebaut und am 16. März 1965 dort erstmalig lackiert. Seine Auslieferung an die BVG erfolgte Ende April 1965 und die Zulassung bei der BVG auf das Kennzeichen B-Z 638 am 29. April 1965. Zusammen mit den ersten ausgelieferten Bussen des Typs DF 64 wurde auch 1638 noch dem Betriebshof Zehlendorf zugewiesen, wo ja bereits die fünf Autobusse des Vorserientyps DF 63 beheimatet waren. Ein Einsatz von diesem Hof aus erfolgte aber nicht mehr, fabrikneu wechselte 1638 zusammen mit allen anderen DF-Bussen im Mai 1965 vom Hof Zehlendorf zum Hof Cicerostr, so das er auf der allerersten DF-Linie Berlins, der Linie A48, nicht mehr gefahren ist.

Wie alle DF-Busse des Hofes Cicerostr. wurde auch 1638 dann überwiegend auf den Linien A4, A65 und A74 eingesetzt. Weitere Linien, auf denen vereinzelt in jener Zeit DF-Busse verkehrten und auf denen auch ein Einsatz des Busses 1638 wahrscheinlich ist, waren die Linien A1, 10 (nur im Jahre 1968) und A19E Nachtwagen. Die bisher bekannten Fotos vom Linieneinsatz des Busses 1638 sind aus dem Jahre 1969 auf der Linie A65, vom März 1975 auf der Linie 1 und aus den Jahren 1975, 1976 und 1977 auf der „Stammlinie“ 4.

Zusammen mit den DF-Bussen 1634 (erhielt seine HU bereits im Jahre 1967), 1630, 1639 und 1645 war 1638 einer der ersten DF-Busse, die in der Hauptwerkstatt Autobus der BVG im Januar 1971 eine Komplettaufarbeitung erfuhren. Danach jedoch wurde er dem normalen Liniendienst nicht mehr zugeführt, sondern es erfolgte eine Umstationierung dieses Busses zum Hof Britz Gradestr, von wo aus er zusammen mit dem Bus 1656 im Folgenden als Sonderwagen für die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Bundesgebiet nach Berlin eingesetzt worden ist. Zu diesem Zweck erhielten die Busse einige Einbauten im Wageninneren: Im Unterdeck wurde rechtsseitig jede zweite Bank gedreht und Tische dazwischen gesetzt. Linksseitig wurden alle Bänke entfernt und stattdessen eine Küchenzeile eingebaut. Im Oberdeck erfolgte hinter der zweiten Treppe der Einbau einer zusätzlichen Standheizung und oben vorne wurden die ersten zwei Sitzbankreihen ausgebaut um Platz zu schaffen für eine Kinoleinwand. Die restlichen Sitze des Oberdecks blieben unverändert, dienten nun aber als Kinositze für Werbefilme über Berlin selbst und über Arbeitsplätze in Berlin.

Für vier Jahre, jeweils von März bis Oktober, 1971 bis 1974 fuhren beide Busse durch verschiedene Städte in Westdeutschland zum Zwecke der Arbeitskräfteanwerbung. Durch Fotos belegt ist der Einsatz 1971 in Essen, 1972 in Hamburg an den Elbbrücken und 1974 in Wuppertal.

Bemerkenswert ist, die diese Fahrten zwischen den westdeutschen Städten jeweils mit der für die Busse höchstmöglichen Geschwindigkeit von nur 66 km/h durchgeführt worden sind, was sicher recht beschwerlich und auch langweilig war. Immerhin war mit einer Geschwindigkeit von über 60 km/h auch die Benutzung der Autobahnen gestattet, wo sicher aber viele Verkehrsteilnehmer diese Busse als Behinderung empfunden haben dürften.

Im Oktober 1974 kehrten die beiden DF-Busse letztmalig vom Einsatz der Arbeitskräftewerbung nach Berlin zurück. Während der gesamten Zeit als Beratungsbusse mit Einbauten verwendet, blieben beide DF-Busse dennoch als KOM zugelassen und auch die verminderte Sitzplatzanzahl infolge der Herausnahme von Sitzbänken für die Umbauten wurde in der Zulassung nicht angegeben.

Interessanterweise blieb der Bus 1638 in den genannten Wintermonaten 1971/72 und 1972/73 trotz Abstellung im Betriebshof Britz weiterhin zugelassen, lediglich im Winter 1973/74 erfolgte eine polizeiliche Stilllegung vom 25. Oktober 1973 bis zum 04. März 1974.

1638 wurde dann nach einer erneuten Aufarbeitung in der BVG-Hauptwerkstatt ab dem 03. Februar 1975 wieder im Berliner Liniendienst eingesetzt. Fortan war seine absolute Hauptlinie, wie von allen anderen DF-Bussen des Hofes Cicerostr. auch, die Linie 4. Der Bus fuhr die gesamte restliche Zeit seit seiner zweiten Aufarbeitung bis zur Abstellung ohne eine Außenwerbung.

Während es bei den letzten noch vorhandenen Bussen des Typs D2U zum 30. April 1978 eine Typenabstellung gegeben hat, denn es sollten ja ab dem 01. Mai 1978 keine Altbaubusse der Typen D2U und DF mehr im Einsatz sein, wurden die meisten DF-Busse bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1978, neun DF-Busse sogar schon im Jahre 1977 und ein Bus (1649) bereits im Jahre 1976 abgestellt. Zum aller letzten Einsatztag der Altbautypen, dem 30. April 1978, waren daher nur noch fünf Busse des Typs DF im Einsatz, nämlich die Wagen 1631, 1635, 1638, 1641 und 1645.

Während die durchschnittliche Laufleistung der DF-Busse zwischen 840.000 und 920.000 Kilometern lag, betrug sie bei 1638 zum Zeitpunkt der Abstellung lediglich 656.923 Km. Hier zeigt sich deutlich die Einsatzzeit als Arbeitskräftewagen, also lediglich die Fahrten zwischen den Städten und die jeweilige Abstellzeit auf dem Hof Britz immer zwischen den Monaten Oktober und März der Jahre 1971 bis 1974. Die bei der BVG endgültige Abmeldung erfolgte bei 1638 am 25. Mai 1978.

Noch im Jahre 1978 begann dann das zweite „Leben“ des Busses 1638. Er wurde zunächst verkauft an das Stadtjugendamt Villingen-Schwennigen (VS) und dort sogar auch zugelassen, nämlich am 01. März 1979 auf das Kennzeichen VS-Z 44. Das Stadtjugendamt VS setzte zu dieser Zeit bereits die D2U-Busse 1624, 1572 und 1574 als Kinderspielbusse ein. Die Zulassung von 1638 in VS ist aber aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar, denn es war nie vorgesehen, den Bus dort auch als Spielbus zu verwenden. Außerdem war 1638 zu diesem Zeitpunkt noch im Originalzustand und somit war eine Zulassung nur als KOM möglich.

Das Stadtjugendamt VS kaufte den Bus lediglich im Auftrag des Stadtjugendamtes Karlsruhe, welches 1638 dann als Spielbus für Kinder verwenden wollte. Die Zulassung auf den Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe erfolgte nach dem Umbau zum Spielbus ebendort zum 13. Dezember 1979, auf das Kennzeichen KA-XZ 376. Ein Autobus war 1638 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr, sondern zugelassen als Sonderkraftfahrzeug „Ausstellungswagen“. Und es gab eine weitere Einschränkung der Zulassungsstelle Karlsruhe, nämlich das die noch vorhandenen Sitzplätze im Ober- und Unterdeck ausschließlich während der Standzeiten, nicht jedoch während der Fahrt, mit Kindern besetzt werden durften.

Nach 10 Jahren Einsatzzeit als „Mobi“-Spielmobil tauschte das Stadtjugendamt Karlsruhe den Bus 1638 im September 1989 aus gegen den SD-Doppeldecker 2784. Für lange Zeit sein Kennzeichen endgültig verloren hat 1638 dann am 12. September 1989 mit der Abmeldung in Karlsruhe.

Noch im selben Monat erfolgte ein Weiterverkauf des nach wie vor fahrbereiten Busses 1638 an das Auto- und Technik-Museum in Sinsheim. Es war geplant, den Bus in den Museumsbestand zu übernehmen, was jedoch nicht erfolgte. Deshalb ist 1638 im April 1990 wiederum weiterverkauft worden, nun nach Regensburg an den „Brummi-Club“. Hierbei handelt es sich um einen privaten Verein aus Besitzern historischer LKW. 1638 sollte nach einer umfangreichen Aufarbeitung als Partybus Verwendung finden. Die Mitglieder des Brummi-Clubs hatten denn auch angefangen, den Bus 1638 aufzuarbeiten, so wurde er unter anderem großflächig neu beblecht. Doch ein Ereignis beendete die Arbeiten zur Rekonstruktion als Partybus: Im August 1993 sind leider alle Scheiben durch Vandalismus dort in Regensburg eingeschlagen worden.

Kurze Zeit später trat die AG Traditionsbus Berlin in Regensburg auf den Plan. Nach einigen Verhandlungen erwarb die ATB im Oktober 1993 den Bus 1638 und nach dem Einbau neuer Frontscheiben überführten die Mitglieder der ATB den Bus nach Berlin. Eine extrem zugige Angelegenheit, mit einem bis auf die Frontscheiben völlig unverglasten Bus, stundenlang auf der Autobahn und bei den kühlen Außentemperaturen Ende Oktober! Erste Planungen, aus 1638 einen ATB-Hilfsgerätebus zu bauen, scheiterten jedoch und so blieb er, nach wie vor fahrbereit, auch bei der ATB abgestellt.

Am 20. Dezember 1998 wurde 1638 dann von der ATB an die BVG abgegeben und der BVG-Hauptwerkstatt (HW/A) in der Uferstr. zugeführt. Vorausgegangen waren Verhandlungen mit dem Leiter der Abt. Arbeitsvorbereitung der HW/A, Hr. Arthur Meyer. Dieser hatte die Idee, dass die BVG aus 1638 in der HW/A einen historischen Partybus baut. Angefangen worden ist denn auch, mit dem Ausbau aller noch vorhandenen Innenverkleidungen und dem Ausbau aller Instrumente und Schalter aus dem Armaturenbrett. Dadurch wurde 1638 nun endgültig nicht mehr fahrbereit!

Aber manchmal kommt alles anders: Einige Zeit später verstarb der Hr. Meyer überraschend und das Projekt 1638 wurde daraufhin in der HW/A nicht weiter verfolgt. Nun war der Bus wiederum abgestellt, mal in den Hallen, mal draußen in der hintersten Ecke. Und das einige Jahre lang. Doch nicht nur der Bus stand einige Jahre draußen, auch ein Gittercontainer mit samt aller ausgebauten Verkleidungen und Teile rottete neben dem Bus vor sich hin.

Nachdem die BVG dann im Jahre 2004 der ATB mitteilte, das der Bus 1638 weg müsse, nahm die ATB ihn am 27. August 2004 von der BVG zurück. Leider jedoch nun innen völlig leer und ohne die dazugehörende Gitterbox der Teile. Denn diese war zuvor in der HW/A entsorgt worden!

Wiederum für Jahre blieb 1638, nun wieder in der ATB-Halle, unbenutzt und ohne Planung für eine weitere Verwendung abgestellt. Seit dem 30. Oktober 2006 ist mit dem Bus 1651 (DF 64) im Prinzip ein passender, relativ kompletter und brauchbarer Innenraum vorhanden. Eine Umsetzung der Idee, den fahrbereiten Bus 1638 mit dem Innenraum von 1651 zu komplettieren, ist aber nicht absehbar.

Lebensstationen in Kurzform:
Typ Büssing DF 64
Aufbauhersteller Gaubschat
Lackierung am 16.03.1965
Zulassung am 30.04.1965
1. Generalreparatur (GR) 01.1971
2. Generalreparatur (GR) 03.02.1975
Laufleistung: 656.923 km
Abstellung am 02.05.1978
Abgemeldet am: 25.05.1978
Verkauft 1978
1. Zugang zur ATB 23.10.1993
1. Abgang von der ATB 20.12.1998
2. Zugang zur ATB 27.08.2004
2. Abgang von der ATB noch im Bestand

 

 

Werbungen

Gorbatschow Wodka (1. Version)

Juli 1965 - Januar 1971

Arbeitskräfte für Berlin

Februar 1971 - Oktober 1974

ohne Werbung

Februar 1975 bis Abstellung

 


zuletzt aktualisiert 17.3.2021